Was mir in Wiesbaden fehlt ist die Kunst, die mir Berlin ja eigentlich auf Schritt und Tritt begegnete, nun aber leider nicht mehr so einfach für der Haustür zu finden ist. Klar gibt es hier ein tolles Museum und auch ein paar Galerien mit spannenden Positionen, aber das alles hat man schnell gesehen und um Vielfalt zu erleben muss dann eben einfach nach Frankfurt fahren. Doch da ist in gut ner halben Stunde zu bewerkstelligen und schon zum zweiten Mal haben wir uns auf den Weg gemacht. Die Sonne, die gestern noch fast den ganzen Nachmittag hinweg schien und somit auch viel Lust auf den Frühling machte, hatte uns zwar heute ein wenig im Stich gelassen, trotzdem genossen wir einen kleinen Spaziergang am Main entlang in Frankfurt. Eigentliches Ziel des Ausflugs war aber das Städel Museum.
Im Städel findet sich alles versammelt, was die Kunst zwischen dem 13. Jahrhundert und der Gegenwart aufzubieten hat. Christliche Altarbilder sind genauso zu sehen wie Werke von Beuys, Rauch oder Baselitz. Unser Rundgang führte uns zunächst in vielbeachtete Untergeschoß, der erst vor gut einem Jahr eröffnet wurde und nun die Kunst nach 1945 beherbergt. Hinunter über eine Terrazzo-Treppe die aussieht als hätte Frank Lloyd sich von den ägyptischen Baumeistern für eine neues Metropolis inspirieren lassen, welche dann unter der Bullaugendecke von Schneider + Schumancher mündet.
Wenig Freiraum für das Auge bietet sich dem Besucher, wenig Möglichkeit mal zur Ruhe zu kommen und somit auch kein Raum die einzelnen Werke wirken zu lassen. Wir waren schlicht überfordert von der Bilderflut, die den Anschein erweckt, dass einfach so viel wie Möglich gezeigt werden sollte. Zwar gibt es eine Ordnung, die einem immer wieder durch Texttafeln vermittelt wird, aber gelungen ist die Zusammenwürfelei der Bilder in meinen Augen nicht wirklich. Bei einem Neubau dieses Umfangs hätten sich auch Möglichkeiten zur besseren Darstellungen der Sammlungen geboten, of hätte es schon gereicht einfach nicht alles zu zeigen, was man so hat. Gleichzeitig sind die neuen Räumlichkeiten auch ein Beweis für die Synergien die entstehen, wenn private Sammler sich in öffentliche einbringen.
Über die gewaltige Treppe ging es zurück in die oberen Stockwerke und begannen uns zyklisch durch die Sammlung zu forsten, von der Gotik bis hin zum Expressionismus. Besonders hängenblieben bin ich an einer Neuerwerbung des Museums, einem Interior von Vilhelm Hammershoi. Seine Bilder faszinieren mich, seit ich den Maler vor ein paar Monaten für mich entdeckte. Nun habe ich zum ersten Mal eines seine Gemälde in natura gesehen und bin noch mehr angetan.
Aktuell findet im Städel auch eine Sonderschau unter dem Titel 'Schönheit und Revolution' statt. Die Kunst des Klassizismus, ihre Wurzeln in der Antike und die Vorreiterrolle für das 19. Jahrhundert werden betrachtet und mit Werken von Jean Louis David und Bertel Thorvaldsen belegt. Mit unserer Aufmerksamkeit war es da schon nicht mehr so gut gestellt, weshalb wir sie vielleicht ein bisschen zu unrecht um im Schnelldurchlauf anschauten. Uns war einfach nur noch nach Kaffee und ein bisschen spazieren gehen.