2011/08/03

Valentina - An American Fashion Icon...


Was haben die Modedesignerin Valentina und die Leinwandgöttin Greta Garbo gemeinsam, ausser, dass sie in den 1960-er Jahren im gleichen Apartmenthaus in New York wohnten? Sie teilten sich auch den selben Mann. Doch weil sie beide kluge Frauen waren, ausserdem auch nicht mehr die jüngsten, klügelten sie einen Zeitplan aus und konnten so jede Begegnung in Aufzügen und Hauseingängen bravurös vermeiden.
Valentina Nicholaevna Sanina Schlee wurde am 1. Mai 1899 oder 1904, je nach Quelle, in Kiev geboren und floh vor den Revolutionswirren 1917 über Sevastopol gen Westen. Auf dem dortigen Bahnhof lernte sie ihren späteren Mann George Schlee kennen und zusammen kamen sie Anfang der 1920-er in New York an. Schlee, der später ihr Modelabel mitfinanzierte, dürfte ganz nach Valentina's Geschmack gewesen sein. Das folgende Zitat bedarf keiner weiteren Erklärung: "No matter how broke you are, always travel first class – otherwise you'll never meet the right kind of people."


Nach kurzen Ausflügen ins Schauspiel, der Arbeit als Model und dem Entwerfen fürs Theater eröffnete Valentina 1928 ihren eigenen Modesalon auf der Madison Avenue. Sie selbst war ihr bestes Model und machte durch strategisch geplante Auftritte auf sich aufmerksam. In einen schmalen, langen, schwarze Samtkleid sorgte sie in der Metropolitain Opera für Aufsehen. Während alle anderen Damen mit Pailletten und Flapperkleidern aufgeputzt waren, nahm Valentina den wieder die Figur betonenden Stil der 1930-er Jahre vorweg.
Kleider von Valentina waren streng und schlicht für den Tag, am Abend dann sehr theatralisch. Sie waren hochgeschlossen und ihr liebstes Schmuckelement war das Malteserkreuz. Die Farben waren meist gedeckt, nur Wein- Ockertöne gesellten sich zu Weiß, Grau, Braun und Schwarz. Mit Mustern hingegen arbeitete sie nie, sie verbannte sie "dorthin, wo sie hingehören – ins Haar".
Viele Stars aus Hollywood zählten zu ihren Kundinnen, und Katherine Hepburn trug ihre Modelle auf der Bühne in 'Philadelphia Story'. Genauso aber der Geldadel der Ostküste, Frauen deren Familienname Vanderbilt oder Astor lautete. Die Amerikanerinnen waren verrückt nach ihren Kleidern, obwohl die Designerin ganz unamerikanisch nur in ihrem eigenen Salon verkaufte. Amerikanisch aber war, und das machte auch ihren Erfolg aus, dass Valentina's Kleidern praktisch waren. Sie erfand nicht nur Blusen, die sich schnell waschen und bügeln liessen, sondern auch das Baukastensystem in der Damenmode. Mit ein paar wenigen Teilen und Accessoires lies sich ein Straßenkostüm in einen Badeanzug und danach in ein Abendkleid verwandeln. Das passte natürlich in eine Zeit, in der das Reisen immer beliebter wurde. Natürlich noch mit der Eisenbahn und dem Schiff, nicht wie heute mit dem Flugzeug.



Gleichzeitig hatte die amerikanische Mode immer gegen die aus Frankreich kommende anzukämpfen, doch als eine der wenigen DesignerInnen war Valentina nicht weniger bedeutend als Charles James oder Mainbocher. Vor allem mit Letzterem teilte sie sich bisweilen die gleiche Kundschaft und unterbreitete Monsieur Main Bocher Anfang der 1950-er Jahre sogar ein Kaufangebot, dass er allerdings in einem langen Brief dankend aber vehement ablehnte. Geschäftstüchtigkeit war der Dame nicht abzusprechen, das hatte sie wohl mit den anderen in New York lebenden Immigrantinnen wie zum Beispiel Helena Rubinstein gemein.
Dennoch schloss sie ihr Haus 1957. Sie erkannte das die Zukunft der Mode in der Konfektion, also der Massenproduktion liegt. In Amerika blühte die Kaufhauskultur, was nicht den Stil und dem Anspruch der Designerin entsprach. Von Valentina hingegen ist sogar überliefert, dass sie 'Kundinnen' wieder wegschickte und an andere Häuser verweis, weil sie nicht ihren Vorstellungen entsprachen. Es war also nur konsequent, das Geschäft aufzugeben, besser als ihre Ideale. Stattdessen zog sie sich ins Private zurück und hatte somit auch Zeit Zeitpläne zu machen, die ihr halfen ihrer Rivalin Greta Garbo aus den Weg zu gehen. 1989 starb Valentina im Alter von 90 Jahren. Oder eben mit 85, je nach Quelle. (In ihrem Pass wurde die Zahl 1889 rot durchgestrichen und durch 1899 ersetzt. Vielleicht wurde sie sogar 100?)
Was das Spinnen ihrer eigenen Legende betraf, stand sie Kolleginnen wie Coco Chanel kaum in was nach. Auch was die Eigenvermarktung betraf. Doch leider ist diese große Frau der amerikanischen Mode weitestgehend aus der kollektiven (Mode)Erinnerung verschwunden, nur hin und wieder wird ihr in Ausstellungen und Publikationen gedacht. Dabei sind ihre strengen, musterlosen Kleider durchaus würdig erkundet zu werden. Und auch aus ihren Zitatenfundus lässt sich reichlich schöpfen.

"What you wear when you are in your own house is like a costume for the role of yourself."


Ein wunderbares Buch über die Designerin Valentina ist bei Rizzoli erschienen. Seit gestern ist es Teil meiner Büchersammlung.

Bilder von hier, hier, hier und hier