2011/07/25

Madame Grès: Kleider Wie In Stein Gehauen...


Nicht in Paris zu sein ist meist ein unschöner Zustand, mehr aber noch, wenn man durch sein nicht anwesend sein die Ausstellung "Madame Grès: La Couture à l'oeuvre" verpasst hat. Gestern endete die Ausstellung im Musée Bourdelle.
Madame Grès, eigentlich Germaine Émilie Krebs, zählte zu den wichtigsten Couturiers des 20. Jahrhunderts und ihre Kleider werden heute vor allem von Modedesignern gesammelt und als Inspirationsquelle genutzt. Man findet Anleihen im Werk vom Valentino Caravani, und auch bei der jüngst präsentierten Haute Couture Kollektion von Giambattista Valli. Einer ihrer glühensten Verehrer aber ist Azzedine Alaia. Beide verbindet die Kunst Körperlichkeit zu erkennen und um diese herum den Stoff zu trapieren.
Viele der gezeigten Kleider wurden aus den Beständen privater Sammler ausgeliehen und in einer sehr untypischen, gleichsam aber wirkungsvollen Atmosphäre gezeigt. Die aktuellen Renovierungsmassnahmen im Musée Galliera, brachten den Kurator der Ausstellung, Olivier Saillard, auf die Idee, die Kleider zwischen den Skulturen des Bildhauers Antoine Bourdelle zu gruppieren und so ihre skulpturale Wirkung noch zu unterstützen.

Und dieses Zusammenfügen ist keinesfalls eine 'Notlösung', sondern gelungene Vereinigung. "I wanted to be a sculptor - for me it is just the same to work with fabric or stone.", so Madame Grès über ihr Werk und den Motor ihrer Mode. Wie in Stein gemeiselt wirken ihre Kleider, erinnern an griechische Göttinnen und lassen ihre Trägerinnen zu einer ebensolchen werden. Besonders gut zur Geltung kommen diese dann, wenn sie in weißen und cremefarbenem Seidenjersey gearbeitet sind und schwer am Körper herabfallen. Die Falten wirken wie mit dem Lineal gezogen. Madame Grès die in der Tat ursprünglich Bildhauerin sein wollte, fand ihre wahre Berufung dann im Umgang mit Stoffen.


Die Geschichte des Hause Grès beginnt in den frühen 1930-er Jahren. Zwischen 1934 und 1942 arbeitete die Couturier unter dem Namen Alix Barton, vielfach auch einfach unter 'Alix'. In diesen Jahren konzipierte sie vor allem raffinierte, aber sehr schlicht wirkende Tagesensembles. Ab 1942 firmierte sie dann unter dem Namen Madame Grès und schuf viele der bis heute legendären, trapierten Abendkleider. Später kamen noch Cut-Outs hinzu und bezogen den Körper auch direkt in das Spiel um Ver- und Enthüllung mit ein.
Ein Modehaus während des zweiten Weltkrieges aufrechtzuerhalten war zum einen nenneswerte Leistung, aber auch ein klugre Schachzug. Viele der großen Häuser schlossen in dieser Zeit ihre Pforten, Chanel zum Beispiel ging in die Schweiz, die Kunden waren jedoch trotzdem interessiert an neuer Mode. Und da das rafinierte an den Kleidern von Madame Grès eher ihre subtile Eleganz war, erschienen sie in diesen Notzeiten auch nicht deplatziert. Zu ihren Kundinnen auch nach dem Krieg zählten Wallis Simpson (die kaufte aber eh überall ein) und die Filmdiven Hollywoods.
Als sich in den 1960-er Jahren auch die letzten Couture-Häuser entschieden auch Boutiquen-Kollektionen einzuführen konnte sich Madame Grès nur schwer damit anfreunden ihre Kunst zu prostituieren. In den 1980-er Jahren verkaufte sie ihr Unternehmen und starb 1993 90-jährig.


Doch auch wenn man es nicht nach Paris geschafft hat, gibt es Möglichkeiten die Ausstellung im nachhinein zu erleben. Ein zumindest von aussen wunderschön gestalteter Kataloog macht die Kleider lebendig. Die Abbildungen im Inneren sind leider stellenweise zu klein und lassen die Details, welche die Raffinese der Kleider ausmachen oft untergehen. Das nachfolgende Video von Arte gibt ebenfalls einen guten, wenn auch kurzen Einblick.


Vielleicht hat der Post nun den ein oder anderen Leser neugierig werden lassen auf die Kunstwerke von Madame Grès? Entgegen der Aussage im ersten Satz des Posts, gibt es Hoffnung die Ausstellung doch noch zu sehen: Sie wurde bis zum 28. August verlängert!

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