Gestern machte ich in der Mittagspause einen kleinen Spaziergang. Der Weg führte nicht weit, nur bis zum nahe gelegenen 'Medienkaufhaus'. Nach Büchern schaue ich momentan nicht, da sitze ich ja einer nahezu unerschöpflichen Quelle, aber DVD's finde ich da auch immer in einer großen Auswahl. Und selten gehe ich mit leeren Händen wieder.
Momentan interessieren mich vor allem Filme die direkt oder indirekt mit Mode zu tun haben, entweder weil die Kostüme von einem Modedesigner geschaffen sind oder sie Mode beeinflussen. Im besten Falle geht beides miteinander einher.
Die Macht der Mode im Film und das Wissen darum ist fast so alt wie das Medium Film selbst. Die expressionistische Darstellung von Räumen in 'Das Cabinet des Dr. Caligari' ist ebenso legendär wie Fritz Langs 'Metropolis' oder Murnau's 'Nosferatu'. Die große Zeit der modischen Extravaganzen war aber in den 30-er Jahren und fand in den großen Diven ihren Höhepunkt. Joan Crawford's von Adrian entworfene Kleider aus weißen Satin sind nur ein Beispiel dafür.
Gestern jedenfalls fiel mir 'L'Année Derniére à Marienbad' in die Hände, ein Film der seit der letzten Chanel Präsentation in aller Munde ist.
In einer Schlüsselszene des Films, sofern man in diesem Vexierspiel überhaupt eine solche findet, treffen sich der Mann und die Frau im Garten. Die Frau, dargestellt von Delphine Seyrig, trägt einen Mantel mit einem Kragen aus Hahnenfedern. Fast wie im Bild zu sehen.
Karl Lagerfeld führt den Film als Inspiration für die Kollektion FS-2011 an und hat einen Garten nach französischen Vorbild ins Grande Palais gezaubert. Und nicht nur das, er hat ihn auch gleich noch seiner natürlichen Farben beraubt und so unmissverständlich klargemacht, dass es sich hier um eine Illusion handelt. Alain Resnais' 'Marienbad' mitten in Paris.
Die Kollektion in den typischen Chanelfarben verwandelt die Mädchen in die immer wieder gleiche Frau. Traumwandlerisch streift sie entlang der Boskette, nur die Nim spielenden Männer sucht man vergeblich.
Auch in früheren Kollektionen zitiert Lagerfeld Resnais, allerdings ohne es so explizit zu benennen. In seiner Haute Couture Kollektion HW-2005 schickte er eine Garde in schwarze Mäntel gehüllter Models über den Laufsteg um sie sich dann gleichzeitig dieser Hüllen wieder entledigen zu lassen. Auch wenn die Kleider und Kostüme deutlich farbiger waren als in der kürzlich gezeigten Schau, so spiegeln die schwarzen Gewänder auch ein Stück weit den Seelenzustand der Frau in Resnais' Film wieder. Der Befreiungsschlag gelingt mit dem sich vom schwarzen Mantel entledigen. Wobei dieser Schritt für FS-2011 soweit sichtbar nicht inbegriffen ist.
Es stellt sich nun die Frage in wie weit Kollektionen wirklich abgeschlossen sind. Oder bauen sie vielleicht doch aufeinander auf? Bei der Vielzahl an Kollektionen die übers Jahr gezeigt werden, bei Chanel allein sind mind. sechs, ist es schwierig sie untereinander in eine Beziehung zu bringen oder sie in einen Kontext einzuordnen. Insofern ist das Werk von Alexander McQueen wirklich herausragend gewesen, weil seine Kleider immer Geschichten erzählten und sich diese auch untereinander verknüpfen ließen.
Bei 'Last Year in Marienbad' schließt sich auch ein Kreis. Coco Chanel schuf 1961 die Kleider die 50 Jahre später Karl Lagerfeld wieder als Inspiration dienen sollten. Es ist ein Kreislauf. Ein Indiz dafür, dass die Vergangenheit von Nöten ist um die Zukunft zu gestalten.
Bild 2 von Style.com