2015/10/30

Ostzeit In Wiesbaden...

Wiesbaden hat Geschichte, aber keinen Platz wo diese dargestellt wird. Wiesbaden liegt zu nah an Frankfurt, trotz Landeshauptstadt ist die Mainmetropole reicher an Räumen zur Präsentation von Kultur und Kunst. Wiesbaden hat einen versteckten Ort, der als Schaufenster zwischen Seitengassen liegt und so nicht wahrgenommen wird. Klingt problematisch, ist es auch!
Nach drei Jahren zog es mich heute zum ersten Mal an diesen Ort, der sonst nicht auf meinem Radar ist. Ostzeit heißt eine Ausstellung, die die FotografInnen zeigt, die mittlerweile als Ostkreuz einen Namen haben und ein gleichen Atemzug mit Magnum genannt werden dürften: Sibylle Bergemann, Ute Mahler, Harald Hauswald, Werner Mahler und der Arno-Fischer-Schüler Maurice Weiß.
DDR-Alltag im solide westdeutschen Wiesbaden. Verstehen eigentlich Menschen, die nicht den Osten erlebt haben Bilderserien wie etwa Bergemanns P2-Serie, die Wohnzimmer mit Durchreiche im Plattenbau zeigen? Für mich war es wirklich eine kleine Zeitreise, meine Tante und mein Onkel lebten tatsächlich in genau diesem Wohnungstyp mit genau dieser Durchreiche zur Küchenzelle. Oder ordentlich vor der Konsum-Filiale angestellte Kinderwagen, unabgeschlossen samt Kind?
Bis zum 06. Dezember läuft die Ausstellung, ich werde sicherlich nochmals reingehen. 



2015/10/29

Tschüß...

Kasperlhaft rannte Alexander Wang den Laufsteg entlang, nachdem er seine letzte und als Frechheit zu bezeichnende Kollektion für Balenciaga über den Laufsteg geschickt hat. Er geht und hinterlässt einen Haufen weißer Klamotten, die der Marke nicht wirklich gut tun werden. 35 weiße Stinkefinger eines Designers, der anscheinend erleichtert ist nicht mehr die Last eines so großen Erbes tragen zu müssen und sich nun wieder seiner eigenen Streetwearlinie widmen kann. Das kann er auch besser.
Ohne Winken und ohne Tränen verabschiedete sich am kommenden Donnerstag dann Raf Simons von Dior. Seine letzte Kollektion war nicht ganz so großartig wie vielleicht vorherige, aber solide und sicherlich Umsatz generierend. Mit seinem Abgang hat keiner gerechnet, wahrscheinlich wurde die Nachricht deshalb auch erst am späten Abend nach Börsenschluss verkündet und sinkende Aktienkurse für LVMH so vermieden. Man respektiert sich, heißt es von beiden Seiten, und wünscht sich alles Gute für die Zukunft. Unter der Hand wird vom massiven Druck gesprochen, den Simons nicht mehr bereit war standzuhlaten, und von zu wenig Einfluss für den Designer, was er ebenfalls nicht zu akzeptieren bereit war. Simons wird nun wieder seine eigene Marke stärker in den Fokus nehmen.
Gestern Abend kam schließlich noch die Nachricht, dass Alber Elbaz Lanvin verlässt und sich bereits am Dienstag von seinem Team verabschiedete. Damit war wohl am wenigsten zu rechnen, schließlich hat Elbaz die Marke in den vergangenen 14 Jahren gestärkt und aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Allerdings ist es Elbaz nicht gelungen eine It-Bag zu lancieren und auch in den sozialen Netzwerken findet die Marke selten statt. Die Konkurrenz schreit lauter und die taiwanesischen Eigentümer möchten nun ebenfalls etwas mehr aufdrehen, was den eher stillen Elbaz jedoch nicht zu entsprechen scheint. Konzequenterweise geht er.
Bei Balenciaga ist nun schon die Nachfolge geregelt, Vetements' Designer Gemna Gvasalia tritt die Nachfolge an. Die Überraschung wird nun sein wer für Dior und Lanvin in die erste Reihe tritt. Spekuliert wird natürlich viel, aber aktuell werden ja gerne unbekannte Namen herangezogen, weshalb wahrscheinlich mit denen zu rechnen ist, die keiner auf dem Schirm hat. Aber ist es überhaupt möglich solche Modehäuser allein führen zu können? Oder sind die Designer bzw. Kreativdirektoren nur Sperrspitzen, die alles Lob bekommen solange es gut läuft und dann zum Bauernopfer werden um die Investoren und Anteilseigner ruhigzustellen?
Es wird viel darüber geschrieben, dass kein kreativer Mensch ein Pensum von sechs bis acht Kollektionen im Jahr meistern kann. Es werden verwässerte Visionen, teils wenig ausgreift und schnell hingeschustert. Das Fehlen übergreifender Trends und der damit einhergehende modische Eintopf resultiert daraus, dass im Takt von zwei Monaten neue Zitate aufgerufen werden, aber kein Raum für Neues bleibt. Alte Marken wie Dior, Lanvin und Balenciaga waren in ihrer Zeit prägend, lassen aber im Heute den Neuen keinen Raum, weil sie ihnen die Kreativenköpfe rauben, sie auslaugen und am Ende wieder ausspucken. Oft gebrandmarkt als Versager, weil es ihren nicht gelang ein altes Erbe mit neuem Leben zu erfüllen. 
Designteams ohne Namen und Gesicht, ohne eigene Identität und beeinflusst von Zahlen; Konsumenten- und zielgruppenorientiertes Design ist meiner Meinung nach die Lösung für große Marken, denen eigentlich kein einzelner Mensch gewachsen ist. Ich bin gegen das Verbrennen immer neuer Namen, weil es den Marken nicht gut tut. Es muss am Ende einer Show niemand vors Publikum treten und sich verbeugen, die Mode sollte der Star einer Show sein und wenn sie gut ist, ist egal wer dahinter steckt. Im Grunde ist doch eh allen klar, dass Kollektionen großer Häuser von Teams erstellt werden und Fachleute für Hosen, Blusen, Mäntel, Strick, Taschen, etc. zusammen einen Look erarbeiten. Es wird im aktuellen Diskurs zu sehr über die Designerpersönlichen geredet, statt über die Mode selbst. 
Ich bin jetzt schon gelangweilt von all den Artikeln darüber warum Elbaz ging, ganz zu schweigen von News über Raf, Alexander, Peter, Nicholas, etc. Ich bin für Kontinuität, für gute Produkte von starken Marken. Ich will Produkte die gut gemacht sind und genau deshalb Bestseller sind, gerne mit positvem Markenimage. Aktuell können das am besten die Frauen: Clare Wright Keller bei Chloé macht starke Kollektionen und die Marke hat jede Saison starke, eigenständige Accessoires; Céline's Phoebe Philo bringt Modernität und Weiblichkeit perfekt zusammen; Stella McCartney steht für Glaubwürdigkeit in der Mode... Und Miuccia Prada ist eh die Königin der Mode.

Wolken...

Ich habe einiges gelesen in den vergangenen Wochen, zwar nicht ganz das gesteckte Pensum, aber doch immerhin so manches. Die Biografie von Hermann von Pückler-Muskau habe ich runtergelesen und mir kam die vor vier Jahren hier ausgiebig beschriebene Dandy-Tagung wieder in den Sinn. Pückler war Tagungsthema, nicht nur seiner von Hirschen durch Berlin gezogenen Kutsche wegen. In jedem Dandy steckt auch ein Renaissance-Man, ein Freigeist mit Weitsicht und Neugier, der als Rolemodel wohl auch heute noch nicht ausgedient hat und genau das Gegenteil von Pegidademonstrant wie auch Pseudogutmensch ist. Es beeindruckte mich diesem Reisenden durchs Leben zu folgen, obwohl Heinz Orff etwas spannender schreiben hätte können. 
Dann begleitete ich Stefan Zweig und Joseph Roth nach Ostende, wo beide sich im Sommer 1936 als Exilanten trafen und auf unterschiedliche Art und Weise die Geschehnisse in Deutschland werteten. Ein Zurück gab es am Ende für beide nicht, weder für den großbürgerlich geprägten Wiener Zweig noch den aus dem Osten des habsburgischen Reiches stammenden Roth. Da gerade Roth mit seinen melancholischen Büchern zu meinen Lieblingsschriftstellern gehört, war dies Buch Pflicht. Den Briefwechsel der beiden Schriftsteller werde ich mich wohl auch noch widmen, bislang verstaubt das Buch im Regal. 
Und dann gab es da noch Goethe und Casper David Friedrich und deren Betrachtung der Anatomie der Wolken. Eva Gesine Bauer, die fürs Leichte das Pseudonym Lea Singer verwendet beschreibt wie beide zur gleichen Zeit in unterschiedlichen Welten leben, wie meinungsbeherschend Goethe war und wie der Freigeist Friedrich, der Wolken malen konnte wie kein anderer, dagegen steuerte. 
Glücklicherweise habe ich eine Buchhändlerin, die einen guten Riecher für das hat was mir gefällt.  
Sachbücher stehen auch neue im Regal. Zum Beispiel habe ich einen Titel gefunden, der Fashion Victims wörtlich nimmt und beschreibt wie gerade im 19. Jahrhundert Mode auch eine Falle sein konnte. Krinolinen vertragen sich nicht mit offenen Kaminfeuern, Arsen färbt zwar wunderbar Stoffe grün, führt aber auch zu Verätzungen und Isadora Duncan ist sogar Namensgeberin für einen Genickbruch, der durch sich in Radspeichen verfangende Schals herbeigeführt wird... Frauen und Kleider passt damit gut zusammen. 

2015/06/26

Meinung In Der Mode...

Es ist doch eigentlich sehr nett von dem Model, dass ja wohl Muse von Rick Owens ist, darum bitte Angela Merkel nicht zu töten. Nun wird dieses etwas vehuschte Wesen, nach Aktion dann auch ohne Musenstatus, von allen Seiten und angeblich sogar ganz handgreiflich von Herrn Owens selbst angegriffen. Dabei ist endlich mal eines dieser Zauberwesen auf die Idee gekommen die nicht unerheblichen Möglichkeiten des Laufstegs zu nutzen, bisher kamen die Aktivsten (und Flitzer) ja immer nur aus dem Publikum. 
Doch was ist nun eigentlich die Botschaft hinter der auf ein Fähnchen Stoff gekritzelten Nachricht? Ist vielleicht sogar schon das Material auf dem sie daherkommt, also eine weiße Fahne des Ergebens Teil der Nachricht?
Trotz aller Dementis von Rick Owens wäre es nun auch nicht verwunderlich, wenn die Aktion von ihm käme. Er schäute sich schließlich auch nicht Penisse auf dem Laufsteg zu offenbaren. Unter anderem auch den des die Botschaft tragenden Models. Vielleicht war es nun die Rache für die 'unfreiwillige' Entblösung? 
Die Mode, falls wir uns darauf einigen die von Rick Owens gezeigten Kleider als solche zu bezeichnen, hat nun wieder einmal die Chance in den Feuilletons zu erscheinen und vielleicht sogar ein wenig im Politikteil. Aufmerksamkeit für ein belächeltes Medium, dem nun wieder einmal das zuteil wird, was der Kunst fraglos zugestanden wird und sogar von ihr erwartet wird. 
Und was gab es sonst noch auf dem Laufsteg zu sehen? Nicht was man nicht schon kennt. 

Bildquelle: Style.com

2015/05/29

Entdeckung: Wolkentrinker Von Fritz J. Raddatz...

Die Flucht in den Osten hat es ja manchmal wirklich gegeben, wenn auch eher die andere Richtung die bevorzugte war. Fritz J. Raddatz ging 1950 nach dem Abitur in den Osten und auch den 'Helden' seines Romans Wolkentrinker schickt er auf diese Reise. Bernd ist Fritz, das ist klar, allerdings hielt es Fritz dann doch ein paar Jahre länger in der DDR und ging erst 1958 nach Konflikten mit den Parteibehörden zurück in den Westen. 
Wolkentrinker ist also so etwas wie eine Biografie, aber auch eine Reise in ein Zwischenland. Zwei Staaten, die eigentlich aus dem gleichen Holz geschnitzt sind versuchen sich eine neue Ordnung aufzubauen und auf unterschiedliche Art und Weise das Vergangene zu verarbeiten (oder in zugigen Kellerlöchern zu verscharren). Idealisten konnten sich eine neue Heimat schaffen und wurden angelockt durch falsche Freiheitsversprechen. 
Doch liest man genau in den Roman hinein war es weniger ein Staatengebilde was verlockend war, als zuerst eine Frau, dann ein Mann und schließlich auch das eigene Ego, das mit bürgerlicher Rhetorik proletarische Aufsteiger platt zu machen vermochte. Bernd zumindest beeindruckte mit Weltläufigkeit, Neugier und Schlagfertigkeit, aber auch mit Westzigaretten. Er entlarvte sich dann selbst und fand nur noch in der Theorie des gewählten, gelobten Landes einen Platz, nicht aber in der gelebten Realität eines seine Überwachungsmechanismen aufbauenden Staates. Nicht die Geschichte überrollte ihn, er warf sich selbst unter ihre Räder und erkannte vor lauter Ehrgeiz und Idealismus die Zeichen der Zeit nicht. Die herannahenden Panzer des 17. Juli 1953 wurden eher am Rande wahrgenommen und wirkten kurz als Störfaktor für das bevorstehenden Examen. Doch während andere für ihr Leben demonstrierten, arbeitete sich Bernd sein eigenes Leben zurecht. Das Ich stand wieder vor dem Wir, worauf die DDR eigentlich aufgebaut werden sollte. Nach dem Erkennen kommt als einzige Alternative der Weggang in Frage und schließlich endet das Buch am Flughafen Tempelhof. 
Fritz J. Raddatz gilt zurecht als eine der herausragenden Persönlichkeiten der Bundesrepublik, wenn auch nicht ganz ohne Einschränkungen. Er leitete den Feuilleton der Zeit, stolperte dann aber über Goehte, schrieb einige Bücher und entschied sich schließlich Anfang diesen Jahres für den begleiteten Suizid in der Schweiz. Radikal und selbstbestimmt, frei. 

'Wolkentrinker' von Fritz J. Raddatz gibt es nur antiquarisch zu kaufen!

2015/05/22

Wohnzimmerkonzert Mit BRTHR...

Am vergangenen Freitag hatten wir das Vergnügen bei einer Freundin zu einem Wohnzimmerkonzert eingeladen zu sein, gespielt haben BRTHR aus Stuttgart. Meinen Musikgeschmack haben die beiden mit ihren Folk angehauchten Songs auf jeden Fall getroffen. Und nicht nur meinen...



2015/05/21

Modenschauen, Präsentation Des Vermeintlich Neuen...

Zehn Minuten dauern heute Modenschauen ungefähr, geht es länger wird das Publikum leicht unruhig. Eine Verspätung ist akzeptabel, man kann entweder noch schnell Mails lesen oder in seinen sämtlichen Social Media Plattformen rumhängen, natürlich auch Selfies posten. Aber stillsitzen und zuschauen geht wirklich nur für eine handvoll Minuten. Das war mal anders, noch in den 1990-er Jahren leisteten sich manche Designer den Luxus ein kleines Abendevent aus einer Kleiderpräsentation zu basteln, die Mädchen tänzelten und liefen manchmal sogar zweimal hin und her. Undenkbar heute. Wenn eine Designer seinen Models ein Lächeln abverlangt ist das eine Erwähnung wert, aber mehr als gerade aus laufen oder gar eine Drehung in der Mitte des Laufstegs ist wirklich nicht mehr drin. 
Modenschauen verschlingen Millionen und sollten wohl ganz oben auf der Liste von dekadentem Luxus stehen. Sie bringen ein vielfaches davon wieder ein, wenn es dem Designer gelingt den Funken überspringen zu lassen. Gerade erst haben uns Raf Simons für Dior und Nicolas Ghesquiere für Louis Vuitton mit nach Califonien bzw. Südfrankreich genommen und den Wunsch in uns zu wecken vermocht doch genau jene Teile haben zu wollen, die vielleicht in einer dunklen Halle präsentiert weit weniger reizvoll erscheinen würden. Deko ist alles, manchmal mehr als die Mode selbst.
Alicia Kühl hat ihre Doktorarbeit genau jenem Thema gewidmet, nämlich der Darstellung von Mode und Möglichkeit Begehren zu erwecken. Auf über 300 Seiten geht sie der Frage nach, warum ein solcher Aufwand betrieben wird und wie der Raum die Mode selbst zu beeinflussen vermag. Natürlich geht es auch um die Frage ob die Mode selbst das vermeintlich Neue ist und Begehren weckt oder aber geschickte Inszenierung dies positiv beeinflusst; eine mittelmässige Kollektion durch großartige Präsentation besser wird.
Das Buch ist natürlich eine wissenschaftliche Arbeit, weshalb es stellenweise auch recht trocken wird. Es fehlt ein wenig der Zauber, der ja eigentlich in einem solchen Thema vorherrschend ist. Ansonsten aber ist das Buch, das auch für modeinteressierte Dilettanten durchaus eine spannende Lektüre darstellt, eine großartige Ergänzug zu den üblichen Modebildbänden.

Alicia Kühl "Modenschauen – Die Bahauptung des Neuen in der Mode" erschienen bei transcript
ISBN: 978-3-8376-2885-2
Preis: 32,99 €

Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Rezension zur Verfügung gestellt. 

2015/05/07

Mehr Nichts Als Kleid - Met Gala 2015...

Cher war in diesem Jahr nicht zum ersten Mal auf der Gala im Metropolitan Museum, doch mit ein bisschen mehr Stoff am Leib als bei ihrem ersten Besuch 1974. Diesmal an der Seite von Marc Jacobs, in einer extra für sie gearbeiteten Paillettenrobe und ganz ohne viel Haut zu zeigen, trotzdem einer der Überstars nach dem sich auch der aktuell amtierende Hollywood- und Modeadel noch umdreht und ein 'Da ist Cher!' in den Raum raunt. 1974 hingegen dürfte es der ein oder anderen Grand Dame der New Yorker Society auch den Atem verschlagen haben, aber wohl weniger vor Begeisterung und Ehrfurcht. An der Seite von Bob Jackie bewies sie schon damals, dass es nicht mehr braucht als ein bisschen Tüll, ein paar Federn und eine Handvoll gut platzierter Pailletten und Steinchen. 
Was damals verstörend und so anders war, ist bei der diesjährigen Gala, die ja unter dem Motto 'China – Trough the Looking Glass' fernöstliches vermuten lies, was prompt auch von vielen Gästen in Kleidern umgesetzt wurde, eher die Regel um sich seinen Platz auf den Titelseiten zu ergattern. Wenn auch Madonna recht verschlossen die Stufen des Museums erklommen hat, eigentlich ungewöhnlich bei ihrer Geltungssucht, haben sich drei Damen durchaus Cher zum Vorbild genommen und versucht sich gegenseitig die Butter vom Brot zu nehmen.

Béyonce (Givenchy) lies wenig Spielraum für Fantasie, J-Lo (Versace) zeigte wer zuerst auf den Arsch als Marketing-Tool setzte und schließlich Kim Kardashian (Peter Dundas erste offizielle Kreation für Roberto Cavalli), die nur sich selbst in die Waagschale zu werfen hat, dafür aber sehr viel davon. 
Nicht mehr Kleid (am Leib und in der Ausstellung) steht im Vordergrund des mittlerweile wichtigsten Schaulaufens von Stars und Sternchen, Entrepreneurs und Philanthropen, sondern weit vorn in den Onlinegalerien zu landen und bestenfalls die Start- und Titelseiten zu zieren. Allein und groß, ohne eine der Konkurrentinnen neben sich. Für die drei genannten Damen ging leider das schief, meist werden sie nun als Dreigestirn abgebildet und am Ende geht vor allem eine als strahlende Siegerin im Kampf um Krone der Königin der Nacht hervor: Rihanna.

Natürlich bietet ihre Robe neben der längsten und ausladendsten Schleppe auch viel Raum für Spott, die Karikatur (Sarah Jessica Parker gewinnt übrigens in der Kategorie des dämlichsten Kopfschmuck einen Preis, obwohl es durchaus viel Konkurrenz gab) gehört zu den besten Darstellungen, vielfach wurde die Schleppe auch als Pizza belegt, doch mehr ging nicht. Die chinesische Designerin Gio Pei ist nicht nur in der Ausstellung vertreten, mit Rihanna's kanarienvogelgelben Schwergewicht schaffte sie es nun auf alle Titelseiten und zeigt, dass mehr eben mehr ist. 
Was nun übersehen werden wird, sind all die gelungen Outfits; da wo alles saß, das Motto vielleicht angerissen wurde ohne allzu sehr in kostümhafte zu verfallen, Kleid und Frau harmonisch zusammenspielten. Natürlich ist auch bei Kim Kardashian und dem teuren Fummel eine Harmonie zu erkennen, aber die ist eher nicht nach meinem Geschmack. Eher dann Jennifer Connelly, die in Louis Vuitton großartig aussah oder Chloe Sevigny in ihrer sehr traditionell chinesisch anmutenden Aufmachung J.W. Anderson. Und Kendall Jenner, die in Calvon Klein zeigte, dass schlechter Geschmack nicht vererbbar sein muss. Doch das wird leider weniger Nachahmer finden, als diese Träume aus Nichts mit Glitzer dran...

Bildquelle: Huffington Post, abcnews, Vogue

2015/04/23

Magazine...

Im Park auf einer Decke liegend, die Sonne genießend und einen lactosefreien Fairtradekaffee schlürfend kann nur noch komplettiert werden durch die Lektüre dieser beiden Magazine. Scala Regia und Fairy Tale sind eigentlich zu schade um der Sonne ausgesetzt zu werden, doch unschlagbar in ihrer Art!

In beiden Fällen sieht man, dass mit viel Liebe gegen das immer Gleiche angearbeitet wird. Egal ob es sich nun wie im Falle von Scala Regia um Camp in all seinen Facetten handelt oder aber ein Pop gehuldigt wird, der seine Wurzel sichtbar in den 1990-er Jahren hat. Mir gefällts!

2015/04/16

Buchtipp: Robin Givhan 'The Battle of Versailles'...

Am 29. November 1973 wurde die amerikanische Mode geboren. Das klingt nun etwas theatralisch, schließlich gab es schon vor diesem Datum Designer wie Claire McCardell oder Adrian, die einen amerikanischen Modestil prägten und durchaus betuchte Kundschaft hatten. Doch schielte bis zu eben jenem Novembertag alle Welt nach Paris und was dort gezeigt wurde fand seinen Weg in die amerikanischen Warenhäuser und in den Schrank amerikanischer Kundinnen. Nun beleuchtet die preisgekrönte Autorin Robin Givhan jenes Event, dass zum Befreiungsschlag wurde und den Grundstein für Karrieren legte.
Designer wie Oscar de la Renta oder Bill Blass waren Angestellte von Kaufhäusern, sie fertigten nach teuer eingekauften Vorlagen Kleider à la Dior, Balmain oder Jacques Fath. Ihre Namen tauchten nicht auf den Labels in den Kleidern auf, es stand dort so etwas wie 'Christian Dior for Bergdorf...' oder ähnliches. Designer waren Kopisten, die teure Vorlagen je nach Auftraggeber mehr oder weniger teuer kopierten und für den jeweiligen Markt und das entsprechende Preissegment herunterbrachen. Erst nach und nach, ab Mitte der 1960-er Jahre gelang es ihnen auch die eigenen Namen in den Modellen lesen zu können. Anne Klein, Halston oder Stephen Burrows entwickelten sogar einen eigenen Stil ganz frei von dem was Paris vorschlug, doch eher nur für einen kleinen Markt auf dem amerikanischen Kontinent ohne Beachtung in Europa.
Nun sind auch schon jene fünf Modemacher erwähnt, die sich nach Versailles aufmachten um ihren Platz im Modeolymp zu ergattern.  Zu verdanken haben sie ihren Erfolg Eleanor Lambert, die zusammen mit dem Kurator von Versailles Gerald Van der Kemp das Event als Fundraising-Veranstaltung für die Restaurierung des Schloßes initierte. Lambert organisierte bereits in New York Modenschauen und gesellschaftlich angesehen, mehr noch aber eine Wölfin, die für ihre Schützlinge zu kämpfen wußte. Hinzu kam noch Marie-Hélène de Rothschild, die für den Glanz sorgte und die richtigen Adressen in der Kartei hatte um dem Event den nötigen Glanz zu verleihen. Kein Wunder als das unter anderem Princess Grace de Monaco unter der Gästeschar war, die ein Who is Who der Zeit abbildete. 

Als Schlacht war Versailles nicht angelegt, eher als freundschaftliches Miteinander. Dies scheiterte aber allein schon innerhalb der amerikanischen Gruppe. Anne Klein war den anderen vieren zu sportlich und gar nicht künstlerisch, Halston hatte schon zu jenem Höhenflug angesetzt, der zu seinem späteren Scheitern führte und de la Renta wie Blass sahen sich eigentlich eher in der Tradition der Couture als in der amerikanischer Ready-to-Wear. Einzig Burrows ging die Sache entspannt an, schließlich war es eine Möglichkeit nach Europa zu kommen, Idole zu treffen und viel Spass zu haben. Und die geladenen Franzosen (Yves Saint Laurent, Pierre Cardin, Emanuel Ungaro,  Marc Bohan für Dior und Hubert de Givenchy) schienen eh über den Dingen zu stehen. 
Während die Franzosen kleine Vermögen ausgaben um ihre Mode zu inszenieren und ihren Teil der Show auf 2,5 Stunden dehnten standen dem auf amerikanischer Seite insgesamt 50.000 Dollar gegenüber, und knapp dreißig Minuten für alle fünf Designer zusammen. Viel Spielraum lies das nicht, trotzdem wurde die Nacht zum Erfolg und zum Grundstein für die Modeinszenierung der kommenden Jahrzehnte. Es gelang den Designern die Mode zu beleben, frisch und unerwartet waren die tanzenden Models. Vor allem zehn junge afro-amerikanische Frauen sorgten für Aufsehen und belebten den Laufsteg mit nie zu vor gesehener Frische und Grazie, die weit jenseits steifer Modepräsentation lag. Pat Cleveland, Benthann Hardison, Billie Blair, Jennifer Brice, Alva Chinn, Norma Jean Darden, Charlene Dash, Barbara Jackson, China Machado, Ramona Saunders und Amina Warsuma belebten die Kleider, die technisch keine Couture waren, aber für eine neue Mode und eine neue Art sich zu kleiden standen. 
Der Einfluss, den die Show hatte reichte bis in die frühen 90-er Jahre hinein. Diversität und Persönlichkeit waren das Modellideal und die Manie gipfelte in den Supermodelstars – Naomi, Claudia, Cindy, Christy etc. Mitte der 90-er Jahre waren dann plötzlich Mädchen gefragt, die eher als Kleiderständer fungierten und die Mode in den Vordergrund rückten. Givhan kritisiert durchaus die fehlende Unterschiedlichkeit, und sie ist nicht die Einzige. 
'The Battle of Versailles' war auch ein Kampf für Gleichberechtigung und Unterschiedlichkeit. In dieser einen Nacht wurden viele Stars geboren und die Mode aus den Fesseln der Couture befreit. Robin Givhan lässt ein Kapitel in der Modegeschichte wieder aufleben, dass auch für die Betrachtung der heutigen Mode wichtig ist. 

ISBN: 978-1-2500-5290-2
Preis: ca. 30€

2015/03/26

Bücher Im März...

Bücher im Februar fiel aus. Nicht das ich nicht gelesen hätte, im Gegenteil... Doch nun geht die Serie weiter, mit Büchern die vielleicht nicht immer ganz meinen Geschmack treffen, zumindest angelesen wurden, aber trotzdem gute Literatur und empfehlenswert sind. 
Joseph Roth trifft meinen Geschmack. Seit ich vor Jahren Kapuzinergruft gelesen habe bin ich ein großer Fan seines Werkes und kann mich immer wieder in der Welt österreichischer Offiziere, galizischer Juden und eben auch in die des Korallenhändlers Nissen Piczenik verlieren, der im Leviathan aus Gier alles verliert und am Ende doch noch seine Heimat findet. 
Schöner kann man Lebensweisheiten, Sehnsüchte und Ermahnungen nicht in eine Erzählung verpacken, als es Roth mit seinen Worten gelingt! 
ISBN: 9-783-1501-8685-5

Ganz ehrlich, ich bin bis zur Hälfte nicht dahinter gestiegen, was mir Sam Byers eigentlich sagen will mit seinem Buch. Um eine enttäuschte Liebe geht es und um eine Frau, die ein bisschen hedonistisch ist und durchaus schon mit der fast ganzen Hälfte männlicher Kollegen geschlafen hat. Und irgendwann kommen wohl auch Kühe vor. Ich habe das Buch aber nicht lange genug zu lesen durchgehalten um diesen zu begegnen und deren Rolle im Buch zu verstehen. 
Idiopathie ist guter Lesestoff für Großstädter, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen und die Zeit der Fahrt mit lesen verbringen. Ein bisschen Zynismus und ein ironischer Blick auf das Treiben der Anderen, der Vielen gehört dazu und findet sich auch in Byers Buch zu Hauf.
ISBN: 978-3-6085-0128-5

Ich habe mir Fear of Music nicht gekauft und es bei der Lektüre des Buches gehört, ganz so wie Jonathan Lethem es empfiehlt. Ich habe ein Best of Album und natürlich 'This must be the place' in meiner Musikbibliothek, aber das reicht leider nicht um die Komplexität des Albums und eben dieses darauf aufbauenden Buches zu verstehen. Doch wenn man beides zusammenfügt kann etwas großes entstehen, das durchaus eine Reise in die Welt der Musik und die eines Buches sein kann. 
'Ein Album an Stelle meines Kopfes' ist ein großes Buches für Fans von Talking Heads, für alle anderen aber ist es leider nicht wirklich kompatibel.
ISBN: 978-3-6085-0333-3

Idiopathie von Sam Byers und Talking Heads: Fear of Music von Jonathan Lethem sind erschienen bei Tropen und wurden mir freundlicherweise zur Rezension vom Verlag zur Verfügung gestellt. 

Bild 1: Reclam
Bild 2&3: Tropen / Klett-Cotta

2015/03/18

Louisiana Zeigt Peter Doig...

Noch gut drei Wochen dann eröffnet das Louisiana Museum in Kopenhagen eine Ausstellung, die sich dem Werk des Malers Peter Doig widmet. Wer also nicht bereits jetzt die Möglichkeit hat sich in der Foundation Beyerler in die großformatigen Werke hineinfallen zu lassen, hat die Chance dies in Kopenhagen zu tun. Bis 16. August läuft die Ausstellung. 
Peter Doig, gebürtig Schotte und jetzt in der Karibik lebend, gehört zu den Malerstars der Stunde ist ein Garant für gute Auktionserlöse. Erst im vergangenen Jahr wurde eines seiner Werke für knapp 16 Millionen Dollar versteigert. Damien Hirst ist zwar ungeschlagen unter den britischen Zeitgenössischen, aber Doig arbeitet sich konstand nach oben.
Doch Preise sind kein Garant für Qualität und Güte eines Werkes (siehe Jeff Koons). Peter Doig nimmt den Betrachter mit in seine realistisch angelegten Landschaften, mit in seine Traumwelten – Geschichten mit ungewissem Ausgang.  
Der Junge auf dem Eis (Blotter, 1993), das Bild das auch das Cover des Katalogs ziert, ist nur ein Beispiel von vielen. Wer nun nicht gleich einen Flug nach Kopenhagen buchen möchte, kann sich bei Hatje Cantz erschienenen Katalog zu Gemüte führen. 

Peter Doig

2014, 176 Seiten, 115 Abb. 
28 x 31cm
ISBN 978-3-7757-3868-2
Preis: 49,80 €

Vielen Dank an Hatje Cantz für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.

2015/03/08

Buchtipp: Helen Hessel - Ich Schreibe Aus Paris...

Zweimal im Jahr wird in Paris etwas vorgestellt, dass als die neueste Mode gehandelt werden wird. Wir haben uns darauf geeinigt, dass die Stadt an der Seine nach wie vor die Hauptstadt der Mode ist, auch wenn die Konkurrenz der drei anderen Modemetropolen groß ist. In den 1920-er und 30-er Jahren war Paris wirklich noch tonangebend und Einkäufer wie Journalisten reisten an und besuchten die Defilees von wohlklingenden Namen wie Chanel, Patou, Molyneux, etc. Einige davon sind heute vergessen, wie zum Beispiel das von drei emigrierten russischen Prinzessinnen geleitete Haus TAO, andere in aller Munde und noch immer schillernde Aushängeschilder.
Die in Berlin geborene Künstlerin, Journalistin und Modekennerin Helen Hessel lebte nicht nur in Paris, sie informierte auch die Leserinnen von damals bekannten Frauenmagazinen über Trends und Erscheinungen, die das kommende Frauenbild für ein paar Monate prägen würden. Und sie wurde zur Chronistin einer schillernden Epoche, die auf das Morgen fixiert war und in einem rauschenden Tanz das Heute feierte. 
Der erste Weltkrieg war Zesur. Die Frauenbewegung, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts für ihre Rechte zu erkämpfen begann und für die sich Emily Davison sogar vor ein Pferd warf, fruchtete und emanzipierte junge Frauen ließen sich nicht mehr länger in ein strenges Korsett zwängen. Modehäuser trugen dem Rechnung und Helen Hessel beschreibt trefflich das Leben auf den Straßen, in den Nachtclubs und in den Modesalons. 
Mode in Worte zu fassen, dass Neue daran zu erkennen, bedarf ein geschultes Auge. Texte wie die von Helen Hessel findet man in heutigen 'Modemagazinen' gar nicht mehr, in der Tagespresse vereinzelt. Der Stellenwert des Kleides ist heute ein anderer, eher unbedeutender. Modepräsentationen sind Spektakel mit Eventcharakter, bei denen das einzelne Modell nur noch eine Nebenrolle spielt. Wie gut, dass man sich Helen Hessels Texten verlieren kann und man daran erinnert wird, was Mode sein kann und wie sie Generationen zu prägen vermag. 
 
Helen Hessel 'Ich schreibe aus Paris' ist erschienen im Nimbus Verlag 
ISBN: 978-3-0385-0003-2

2015/03/01

Kino: Mr. Turner...

Das 19. Jahrhundert vermochte die Menschen wohl mehr zu beeindrucken, als jene vorher und auch die danach. Wie muss es gewesen sein als zum ersten Mal eine Eisenbahn das Land durchschnitt oder ein Dampfschiff das Flüsse und Meere durchpflügte? William Turner erlebte diese Neuerungen, die das Leben kolosal zu verändern vermochten und hielt sie auf Bildern fest, während seine Kollegen noch Seeschlachten mit vom Wind geblähten Segeln auf die Leinwand brachten. Turner fing die Magie der Natur ein, schemenhaft und hinter Dunstschleiern, und er hielt den Augenblick fest in leuchtenden Farben. 
Mike Leigh's Film, der mit 150 Minuten durchaus Länge hat, schafft es einen Maler und sein Werk zu portraitieren, dem eine Vorreiterrolle für nachfolgende Künstlergenerationen zugestanden werden muss. Vor allem aber zeigt er die Kraft von Turner's Bildern und erweckt sie auf der Kinoleinwand zum Leben. Der Zuschauer verliert sich in Sonnenuntergängen, leuchtenden Farben und in den Kulissen des Turner'schen Alltags. Ideales Sonntagskino!



2015/02/12

Der Spießer In Mir...

Gott, was habe ich mich doch gefreut, als heute endlich eine Spülmaschine in unserer Wohnung Einzug gehalten hat. Etwas mehr als zwei Jahre hat sich dieses Thema hingezogen, scheiterte an unserer Unentschlossenheit und an fehlendem Fachpersonal in den Geschäften, war aber mindestens jeden zweiten Tag auf dem Tablett und ganz oben auf der To-Do-Liste. Nun steht der Traum in Weiß!, mit Energiesparklasse A+++ und natürlich einen Wasserverauch in Schnapsglasgröße! Funktionieren tut sie noch nicht, der für die Wasserversorgung zuständige Hahn ist defekt und der Klempner kann erst morgen kommen. Doch dies kleine Detail ist egal, angebetet wurde das Gerät schon ausgiebigst. 
Warum ich dieses Anekdötchen überhaupt hier schreibe? Es passt so wunderbar und führt mir meine eigene Speißigkeit wunderbar vor Augen. Als ich am Dienstag freudig aus der Mittagspause zurück zur Arbeit kam und einer lieben Kollegin und Freundin von meinem Kauf erzählte, begann sie lauthals zu lachen und als sie nach zehn Minuten wieder halbwegs atmen konnt, war die erste Frage: "Willst du die für die nächsten 35 Jahre haben? Miele kaufen nur ältere Leute!" Ja, mein Spießerherz machte Freundensprünge im Fachgeschäft beim Kauf dieses langlebigen Haushaltsgerätes; die Vorstellung über Jahre dieses Thema aus dem Kopf zu haben befriedig meine Spießerseele ungemein.
Neben der Vorfreude auf meine neue Spülmaschine, flatterte gestern aber noch ein Paket ins Haus mit viel neuer Lektüre. Unter anderem dabei das bei Tropen erschienenen (Selbst)Erkennungsbuch 'Der Moderne Spießer' von Charlotte Förster und Justus Loring. Auch wenn ich das Kapitel über die Anschaffung von Haushaltsgroßgeräten noch nicht gefunden habe, konnte ich mich doch recht schnell wiederfinden, und eigentlich auch jeden Menschen in meinem Umfeld. Auf charmant komische Art und Weise werden unsere Alltagsmanierismen auseinandergenommen und uns der Spiegel vorgehalten. Natürlich werde ich mich auch beim nächsten Manufactum-Einkauf wieder tagelang über die Schönheit der neuen Butterdose auslassen oder den Kupfertopfkratzer wärmstens weiterempfehlen, weil man das von solcher Qualität und Effizienz im nahegelegenen Drogeriediscounter ganz sicher nicht findet. Aber ich werde mir auch, nicht das es nicht vorher schon gewußt hätte, der Lächerlichkeit solcher Unterhaltungen bewußt sein. 
Das beste an dem Buch ist ja, dass man sich bestenfalls darin erkennt und einem klar ist, wie spießig nun einmal unser aller Alltag ist. Daran lässt sich eigentlich auch nichts drehen, sogern man es vielleicht anders hätte. Schlimm nur, wenn man sich die eigene Spießigkeit nicht eingestehen will, denn gerade dann kommen all die Plattitüden zum Vorschein, die den Spießer entlarven. 
Was aber im Buch fehlt sind die schlimmsten aller Spießer: die Schwulen. Schließlich sind wir es doch die genau wissen welche Marke nicht nur das Geschirr sauber zu spülen vermag, sondern sich dann auch noch gut im Portfolio macht. Oder wo bei Manufactum die Verbenehandseife in der Nachfüllgröße steht. Kosmetikartikel, natürlich Natur und Bio und Fair, werden vor dem Kauf dahingegehend geprüft ob sich die Etiketten auch ohne Rückstände von der Flasche lösen lassen und zum Einkaufen hat man immer je nach Menge einen Jutebeutel oder eine Ikeatüte dabei. 
Das Buch macht Spass und sieht gut aus, passt perfekt ins Bücherregal neben die Werke von Axel Hacke und Bastian Sick, den Travelguide mit den 20 schönsten Designhotels Lettlands und die Domus-Reihe, die sich so dekorativ im Regal macht...

Der Moderne Spießer 

2014, 176 Seiten
ISBN: 978-3-6085-0320-3
Preis: 14,95

Freundlicherweise zur Rezension zur Verfügung gestellt von Tropen (Klett-Cotta)

2015/02/05

Mailorder...

Nicht erst bis zum Herbst warten wollte ich damit eine Jogginghose aus Leder zu tragen, sondern schon im Frühling... Vor Frühling... Jetzt! Eingetroffen ist das Teil noch nicht, der Händler verspricht aber es innerhalb von drei Tagen zu schaffen und somit meine Ungeduld nicht ungebührlich lange strapazieren. Morgen muss es soweit sein, dann sehe ich wie ich darin aussehe. Und ob es überhaupt aussieht. Bei Dior Homme trägt mans zur Jeanshemdjacke, reingesteckt. Ich habe vor einen schlichten schwarzen Kaschmirpulli dazuzutragen. Will es ja nun nicht übertreiben. Und wie Fetisch soll es auch nicht wirken, bloß nicht!

Nachtrag: Angekommen. Für blöb befunden, weil keine passenden Schuhe im Schuhschrank zu finden sind. Zurück an Absender!

Bildquelle: Style.com

Prachtboulevard: Ringstraße, Wien...

"Bei prosaischen Gelegenheiten setzte der Ring jedoch ein ganz anderes Gesicht auf. Wenn meine Mutter mich zum Einkaufen in die Innere Stadt mitnahm, überquerten wir die breite Allee recht hastig. Die große Weite, die aufgeblähten Silhouetten reduzierten uns zu Zwergen. Die monumentalen Gesten, die uns umgaben, beflügelten die Seele nicht; sie warfen einschüchternde Schatten." Frederic Morton, aufgewachsen und hineingewaschen in ein Wien zwischen Kaiserreich und Republik, beschreibt in einem seiner Essays, wie die Ringstraße immer Teil seiner Wienwahrnehmung war.
Die große Schneiße, die ab den 1860-er Jahren an Stelle der alten Stadtmauer geplant wurde und zu einem Prachtboulevard umgebaut wurde, trennte die Inneren Stadt mit ihren Gassen und Barockfassaden von den Wohnbezirken, die sich im Zuge zunehmender Industralisierung entwickelten und Wien zu einer Metropole werden liesen. Die Ringstrasse wurde zum Symbol der Gründerzeit, war Flaniermeile und Theaterbühne für die Gesellschaft der K.u.K.Monarchie; war eine Sonntagsstrasse für ein wachsendes, bürgerliches Selbstbewußtsein. Größer, schöner und für Riesen gemacht.
Kaiser Franz-Josef I. veranlasste 1857 die Stadtmauer zu schlefen und die Befestigungsgräben zuzuschütten. Das neue Areal wurde ausgeschrieben und in Parzellen auch an private Investoren verkauft um die geplanten Repräsentationsbauten, die heute zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Wiens gehören zu finanzieren. Mitglieder des Kaiserhauses und der hoffähigen, adligen Familien sollte an der Ringstrasse Grundstücke erwerben um als Beispiel voranzugehen und den Baugrund auch für ein aufstrebendes Bürgertum interessant zu machen. Doch nur wenige Erzherzöge und Adlige liesen Palais errichten, zumeist hatten sie bereits ererbte Stadtresidenzen in der Inneren Stadt oder aber wie zum Beispiel die Familien Schwarzenberg und Hohenlohe-Schillingsfürst großzügige Palais mit weitläufigen Parks, die attraktiver und repräsentativer waren als ein Haus an der Ringstrasse hat sein können. Zu dem verfügten nur wenige Familien über ausreichend Kapital, da ihr Vermögen an weitreichenden Länderreien in den Kronländer gebunden war.
Die Ringstrasse entwickelte sich zur Spielwiese der Zweiten Gesellschaft Wiens, des Geldadels. Zwar konnten durchaus Titel wie Ritter, Freiherr oder Baron vorgewiesen werden, die zur Hoffähigkeit notwendigen 16 hochadligen Vorfahren fehlten jedoch um in den Kreis der Ersten Gesellschaft aufgenommen zu werden. Man baute als Legetimation und um die Standesdünkel zu vertuschen. Wenn man schon nicht bei Hofe eingeladen wurde, so war man doch zumindest Teil der Ringstrassengesellschaft und selbst der Kaiser konnte nicht umhin die neue Gesellschaftsordnung wahrzunehmen.
Eine Welt im Kleinen stellte so mancher Wohnpalast dar, waren Mietskasernen mit Schaufassaden. Unter einem Dach konnten sich elegante Ladenlokale, reiche Bankiers, hoher Adel, Beamte, Künstler und Arbeiter zusammenfinden, ohne das ihre Welten sich überschnitten. Verschiedene Stiegenhäuser sorgten für Trennung und trotzdem wirkte allein die Adresse 'Ringstrasse' erhebend, selbst wenn man nur ein Mansardenzimmer sein Eigen nennen konnte. 
1865 wurde im Beisein des Kaiserpaares die Ringstrasse feierlich eröffnet, auch wenn bis dahin nur wenig wirklich bebaut war und weitestgehend noch brachliegende Baulöcher klafften. Die Pracht war schon zu erahnen in den Folgejahren wuchs die Stadt auch in die Höhe. Nun feiert die Wiener Ringstrasse ihren 150. Geburtstag und neben zahlreichen Ausstellung in Wien widmet Hatje Cantz dem Prachtboulevard einen würdigen Bildband.

Die Wiener Ringstraße

2014. 264 Seiten, 280 Abb.
30,30 x 32,60 cm

ISBN 978-3-7757-3772-2
Preis: 58€

Vielen Dank an Hatje Cantz für das Rezensionsexemplar.

2015/02/01

Kunstmesse Frankfurt...

Ganz hinten in der Halle 1.2 hatte sich die größte, schönste und sicherlich am wenigsten erreichbare Arbeit versteckt: ein Werk von Anselm Reyle, mitgebracht von der Münchner Galerie Kronsbein. Ansonsten gab es ein Bild von Daniel Richter, gefangen in einem wahnsinnig hässlichen Rahmen, die Life-Ball-Skandal-Plakate von David Lachapelle, viel asiatische Kunst und vor allem reichlich Vertreter des Sekundärmarktes. Die erste Kunstmesse Frankfurt war überschaubar, etwas unkoordiniert und wurde von den deutschen Galerien ganz augenscheinlich weitgehend ignoriert, von den internationalen Namen ganz zu schweigen. 
Schade eigentlich, schließlich ist das Rhein-Main-Gebiet nicht gerade die ärmste Gegend Deutschlands und die Örtchen im Dreieck Frankfurt, Wiesbaden und Mainz können durchaus mit dem ein oder anderen Sammlerhaushalt aufwarten. Doch Köln ist nicht weit, Basel ebensowenig, und Karlsruhe gewinnt auch immer mehr an Bedeutung. Braucht es da überhaupt eine weitere Messe für Kunst?
"Das wichtigste an der Messe ist, dass sie stattfindet.", so Jean-Christoph Ammann, eines der Mitglieder des prominent besetzten Messe-Beirates. Und eigentlich ist es eine Pflicht für das ansässigen, kunstinteressierten Publikum nun die Messe zu besuchen. Zeitverschwendung ist es keine, eher eine Möglichkeit den Kunststandort Frankfurt zu stärken. Auch wenn bislang von einem wirklichen Messekonzept noch gar keine Rede sein kann, bestehen Möglichkeiten zur Entwicklung einer eigenen Identität.
Der Kunsthandel erkannte bereits Chancen und nutzte die Messe als Plattform um Werke zu zeigen und Objekte zu präsentieren. Wer eine Botero-Plastik suchte, wurde genauso fündig wie Liebhaber von Goya-Grafiken, und die obligatorischen Warhols waren natürlich auch dabei. Selbst Oldtimern, historischen Möbeln und Kunsthandwerk wurde Raum gegeben. Für das nächste Jahr wünsche ich mir dann noch ein bisschen mehr junge Kunst, aufregendes Zeitgenössisches....

2015/01/29

Bücher Im Januar...

'Die Unvollendete' von Kate Atkinson* ist eines dieser Bücher, die man anfängt und sich fortwährend fragt warum eigentlich weiterliest. Dann aber, schon in der Mitte des Buches angelangt, auch nicht mehr aufhören möchte. Es ist eine skurrile Geschichte über ein Mädchen, dass immer recht knapp an durchaus lebensgefährlichen Situationen vorbeischrappt (Oder sie sogar?), sei es weil sich die Nabelschnur bei der Geburt ungünstig um den Hals gewickelt hat oder aber weil der größere Bruder sie einfach mal recht unbedarft unter einen Laubhaufen begräbt, so dass das Baby fast erstickt...
Ein Buch, dass sich vor allem als Urlaubslektüre lohnt und lange Sonnentage am Strand, oder aber Winterabende am Kamin, schnell vergehen lässt.

Auf den Spuren Franz Hessel's durch ein vergangenes Berlin zu wandeln, die Menschen einer anderen Epoche zu betrachten, ist ein großes Vergnügen. Man wird zum Flaneur und kann sich in der Kunst des Spazierengehens üben ohne auch nur einen Schritt vor die Haustür machen zu müssen.

Ebenso beschreibt Joseph Roth seine Stadt. Michael Bienert hat in verschiedenen Zeitungen Berichte zusammengefasst, die das Berlin der Weimaer Republick aus dem Blickwinkels des großen Wiener Literaten berschreiben, der zwischen 1923 und 1933 immer wieder in Berlin weilte. Als Journalis pflegte er seine Tage in Kaffeehäusern und in Gerichtssälen zu verbringen und war vor allem ein genauer Beobachter und Chronist des Zeitgeschehens.

Aktuell: Ich habe mal wieder meine Bücherregal etwas durchforstet und einige Titel bei Ebay eingestellt!

*Freundlicherweise vom Verlag zur Rezension zur Verfügung gestellt.

2015/01/20

Gucci...

Angenommen Frida Giannini wäre nun nicht schon letzte Woche bei Gucci ausgestiegen, sondern wie ürsprünglich geplant erst nach der Modenschau für die Damenkollektion, wie hätte wohl die Kollektion ausgesehen, die gestern in Mailand auf den Laufsteg gebracht wurde? Egal, Frida ist weg und innerhalb von nur fünf Tagen (Gern erwähnt in allen Kollektionsbesprechungen und vielleicht als ein entschuldigendes Argument zu werten!?) hat der noch nicht ganz designierte Nachfolger Alessandro Michele eine Kollektion auf die Beine gestellt, die zumindest das bisherige Gucci-Bild über den Haufen zu werfen vermag: Sluppenblusen, Tapetenmuster aus den 1970-ern und kecke Baskenmützen sind kaum noch mit der bisherigen Glamrockallure in Einklang zu bringen, für die Gucci unter Giannini's Agide stand. 
Keine Gedanken scheint man sich darüber gemacht zu haben ob es der Kundschaft gefallen wird, was ihr da vorgesetzt wird. Männerbilder gilt es zu überdenken, wenn man als ganzer Kerl im Spitzenlaibchen seinen Mann stehen muss. Will!? Man muss sich seiner selbst schon bewußt sein und durchaus auch stoisch genug durchs Leben gehen, um die, diese Looks kaum verstehende, Realwelt im richtigen Moment ausblenden zu können.
Aber ich wollte ja nur noch über Mode schreiben, wenn diese nicht einfach nur Kleidung ist. Das neue Gucci, egal wieviele Saisons die Marke diesen Weg wirklich einzuschlagen bereit ist, ist so gestrickt und zusammengefügt, dass aus den bekannten Versatzstücken (Leder, Loafer, Horsebit, etc....) ein Look entsteht, die nicht wieder nur den bekannten JetSetGlamour rund um Alain Delon aufwärmt. Stattdessen kommt eine Happie-Allure zum tragen, die das Label durchaus gut in die Leitbilder anderer Marken einreihen kann und obwohl ersteinmal Saint Laurent'sche Ideen und Prada'sche Motive adaptiert werden, einen Weg in die Zukunft bereiten kann. 
Gucci beweißt endlich mal wieder Mut, statt immer nur mit angezogener Handbremse das Archiv aufzubereiten. 
Tschüß Frida! Hallo Alessandro!

Nachtrag 21.01.: Alessandro Michele wurde nun offiziell als Creative Director bestättigt, alle freuen sich nun riesig bei Gucci und bei Kering...

Bildquelle: Style.com

2015/01/15

Nach Der Mode...

Nach Mode kommt Kleidung... Normcore, wenn man es unbedingt etikettiert haben möchte. Mein Normcore sind die immer gleichen Jeans von Nudie, Basicshirts von COS und darüber am liebsten ein Sweatshirt von Acne, an den Füssen Boots von Red Wing und drinnen Socken von Falke. Eine Alltagsuniform, die nicht zu dechiffrieren ist und auch gar keine Botschaft in sich trägt. Keine Meinung, die durch Kleidung transportiert werden soll, sondern erst durch den gefassten Gedanken und das gesprochene Wort nach aussen tritt. 
Lebt man mit der 'Mode' muss man sich heute auch auf deren Schizophrenie einlassen können, muss als Mann Jet Set-Versatzstücke und Luxus-Hooligan vermisschen. Das Ich wird eingezäunt und hinter Mauern versteckt, muss herausgeprüllt werden um sich gehör zu verschaffen und läuft doch Gefahr missverstanden zu werden, weil die Fassadenbemalung eine andere, eine vermeintlich deutlichere Sprache spricht. Wenn sich der 'Spornosexuelle', ein weiteres Etikett übrigens, das Shirt vom Leib reißt und die nächste Verkleidung, oder besser transformierte Fassade, zeigt, wird die Maskarade und Unsicherheit erst richtig deutlich.
Normcore ist nicht minimal, doch unbelasteter und ein weißeres Blatt. Weniger ist nicht weniger sondern oft der Versuch Intellekt durch Weglassen und Reduktion zu vermitteln. 'Ich brauche weder Form noch Farbe noch unnötigen Zierrat.' schreien mir diese Looks entgegen. 'Und auf Spass kannst du auch verzichten?' schreie ich zurück. Kleidung soll Spass machen, mir selbst und bestenfalls auch dem, der sich meine Klamotte den ganzen Tag anzuschauen hat. Spass habe ich dann, wenn sich das Übergestreifte nicht mehr bemerkbar macht und die Kleidung zu einem Teil von mir wird und mich sie vergessen lässt, mich nicht einschränkt und in eine Form zwängt. Womit ich wieder bei meinen Basics wäre.
Überdeutlich wird, dass dies ein Männerding ist. Frauen können sich austoben und mit Kleidung, die sogar Mode sein darf, stets neu erfinden ohne sich selbst darin zu verlieren. Es gibt kein weibliches Pendant zum Dandy, zum Gecken oder Stutzer. Mode richtete sich seit ihrer Erfindung in der Mitte des 19. Jahrhunderts in erster Linie an sie, während dem Mann nur die formale Strenge des bürgerlichen Anzugs oder die Zugehörigkeit vermittelnde Uniform angedacht war. Natürlich änderten sich Kragenformen, Jacketlängen oder Hosenweiten, doch die eigentliche Form des Auftritts und die Regeln seine Gesamterscheinung gesellschaftskonform zu halten waren allen bekannt und wurden eingehalten. Bestimmte Altersstufen erforderten bestimmte Kleidung, bestimmte Anlässe eine bestimmte Uniformierung. 

An wen adressieren Labels ihre Mode heute? 
Wer wird es tragen? 

Wenn gerade wieder all die Schauen laufen, die Marken in London, Mailand und Paris, ihre Visionen vom Morgen zeigen, stellt sich die Fragen danach, an wen die Sachen eigentlich adressiert sind. Der deutsche Kunde scheint es nicht zu sein, schließlich hängen in den Flagshipstores dann keine ausgefallenen Laufstegkreationen, sondern teure, und fraglos luxuriöse Stücke, die jede Normcoreseele zum jubeln bringen. Ein schlichter Pullover aus Kaschmir wird am Ende gekauft, doch angelockt wurde der Käufer von den attraktiven Bildern und den als neu propagierten Looks. Lassen wir uns also wieder ein auf die Schauen, auf die Livestreams und die Bilder, und träumen von Looks die wir nicht tragen werden, weil hinter den Normcore-Fassaden unser Individual-Ich sein Zuhause gefunden hat.

Bild: Look von Rory Parnell Mooney via Style.com

2015/01/14

Mode Nervt....

Das ist kein Mode-Blog mehr, wirklich! Wer sich allein deshalb hierher verläuft wird ziemlich enttäuscht darüber sein nichts mehr über die neue Artisanal Kollektion mit Rehabilitierungshintergrund von Maison Martin Margiela lesen zu können, wobei dies doch früher Grund für gleich drei oder vier Postings gewesen wäre. Und ebenfalls unerwähnt bleibt die 97! Looks umfassende Pre-Something Kollektion von Valentino, die nur, ganz am Rande soll dies erwähnt sein, einen roten Faden vermissen lässt und zeigt, dass eine gesteigerte Nachfrage recht unkonkret werden lässt. Nein, ich habe nicht einmal mehr wirklich Lust mir die ganzen Kollektionen anzuschauen und die Namen von Designern zu merken, die heute an der DNA von XY zu kauen haben und morgen am Erbe von Z herumbasteln. Mühsam sich diesem Spiel auszusetzen.
Das ist jetzt ein Buch-Blog, ehrlich? Nein, es ist ein Tagebuch mit durchaus vorhandener exhibitionistischer Neigung. Das wars schon immer, allerdings eben zeitweise in modischer Verkleidung. Nun wird einer auf schlau gemacht, es wird gelesen was das Zeug hält und geblättert bis die Finger wund sind. Um über ein Buch zu schreiben muss man es gelesen haben, und bestenfalls verstanden. Kleider muss man auch verstehen. Aber geht es in der Mode noch um Aussage oder nur noch um Gewinnmaximierung? Wenn ersteres einmal wieder der Fall sein soll, dann findet dies auch den Weg hierher... Die Sprache der Mode hat schon Roland Barthes zu dechiffrieren versucht und 'Wann ist Mode?' kann auch Barbara Vinken nicht vollständig klären, wenn sie es auch versucht. Wenn es nichts zu entschlüsseln gibt, ist die Frage danach, wann etwas Mode ist unnötig. Und welche Kollektion in den letzten Saisons war schon rätselhaft? Verstörend? Schockierend? Begehren weckend?
Das ist ein Tagebuch, war es schon immer! Doch wie werde ich all die Geister los, die sich an meine Fersen hefteten und mich informieren wollen über Kleider, die gerne Mode wären und doch nur Sachen sind? Einmal löschen bitte!


2015/01/08

Briefe An...

Drittklassige Ex-VIVA-Moderatoren, deren einzige noch vorhandene Plattform für Verhaltensunfähigkeit Facebook und Twitter zu sein scheint, machen sich augenscheinlich schlecht als Trittbrettfahrer im Pegida-Anfeuerungslager. So gesehen bei Niels Ruf, der sich aus aktuellem, traurigem Anlass und ganz persönlicher Angst vor Islamisten in die Hose pullert und dabei nach Aufmerksamkeit heischend sein Ticket in den Dschungel zu sichern versucht. Ist das nicht der Platz an dem er gut aufgehoben wäre? Ohne Möglichkeit auf Rückkehr, befreit von technischen Dünnschissverteilern und begleitet von seinesgleichen?

Lieber Niels Ruf, kein Islamist wird dich Zuhause besuchen. Auch die interessieren sich nicht für dich!

130 Rätsel...

Gefragt wird nach Schimmel genauso wie nach Polenta und Brennessel, über Umwege kommt man an Goethe vorbei und fragt sich was der mit Pleite zu tun hat. Oder was es zu Opfern gilt, wo mensch doch eigentlich auf die Artischocke gebracht werden soll? 
Tag für Tag können die HörerInnen vom Kulturradio bei den von Elisabeth Koeppe erdachten und auf wunderbar eingehende Weise vorgetragenen Rätseln mitraten und sich fehlleiten lassen, zwischen durch den Faden verlieren um am Ende doch noch festzustellen, dass die Intuition einem von Anfang nicht im Stich ließ. Oder eben doch. 
Um den Gewinn am Ende geht es gar nicht, wobei dieser alles zuhören und anrufen lohnt. Gewinnen tut jeder, der zuhört und sich zum anspornen lässt einen Gedanken zu verschwenden und für fünf Minuten alles andere zu vergessen vermag. Urlaub für den Geist...
Zum Nachlesen gibt es nun 130 dieser tagtäglichen Rätsel, die der be.bra Verlag in einem kleinen Band zusammengefasst hat.
ISBN: 978 3 8612 4686 2

Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Rezension zur Verfügung gestellt.