Über Misia Sert habe ich schon einmal geschrieben, allerdings stammten alle Informationen aus Sekundärliteratur oder Biografien anderer Persönlichkeiten des frühen 20. Jahrhunderts. Nun fiel mir in einem Antiquariat ihre Autobiografie in die Hände, die den Untertitel 'Pariser Erinnerungen von Misia Sert' trägt. Natürlich habe ich gleich zugeschlagen, da es mittlerweile nicht mehr im Programm von Rowohlt ist. Insgesamt gab es aber bis 1966 fünf Auflagen mit insgesamt 60.000 Stück. Misia Sert scheint zumindest noch bis in die 1960-er Jahre hinein für ein breites Publikum interessant gewesen zu sein.
Vielleicht ist es weniger die Person Misia Sert selbst gewesen die faszinierte, sondern Künstler wie Picasso und Renoir und Musiker wie Strawinsky und Debussy, die gebündelt in diesem knapp 165 Seiten umfassenden Buch vorkommen. Sie alle kannten Misia Sert, die meisten legten Wert auf ihre Einschätzung und ihren Rat, einige wurden sogar finanziell von ihr unterstützt. Sie war Muse und Impresario in einem, eine ungewöhnliche Kombination.
In meinem ersten Artikel bin ich vor allem auch auf ihre sehr enge Freundschaft mit Coco Chanel eingegangen, die von circa 1915 bis zur Misia's Tot 1950 andauerte. Doch in der Autobiografie sucht man diesen Namen vergebens. Zumindest, wenn man nicht genau liest. Während kaum ein Name unerwähnt bleibt, taucht immer wieder eine 'zärtlich geliebte Freundin' auf, die immer dann zur Stelle ist, wenn Misia es am nötigsten braucht. In dem Moment, wo diese Freundin auf der Yacht des Herzogs von Westminster nach Venedig eilt um Misia Sert nach dem Tot ihres Freundes Serge Diaghilev zur Seite zu stehen wird klar, dass hier Coco Chanel gemeint ist.
Das Buch liest sich flott und beschreibt die Verbindungen der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts untereinander und der Verbundenheit mit Misia Sert, dieser wirklich unglaublichen Frau.