Zwischen 1922 und 1939 verband ein Zug den Norden Frankreichs mit den mondänen Badeorten an der Cote d'Azur. Wohlhabende Briten reisten so in die Sonne und genossen während dieser Reise exklusiven Service, sie nächtigten in Schlafkabinen und wurden von einem eigenen Stewart betreut. Zu seiner Zeit war der blaue Zug, sein Name leitet sich vom blauen Lack der Schlafwagen ab, nicht weniger legendär als der Orient Express. Ballette wurden nach dem Zug benannt und auch gemordet wurde darin; Agatha Christie und Georges Simenon machten ihn zu Schauplatz ihrer Kriminalgeschichten. Ein jehes Ende fand diese Art des Reisens dann 1939 mit Ausbruch des zweiten Weltkrieges, und nach dem Krieg veränderte sich das Reiseverhalten der Menschen eh. Fast 24 Stunden Zugfahrt wollte dann niemand mehr auf sich nehmen.
Heute Morgen fuhr Le Train Bleu in das im Louvre aufgebaute Zelt ein und versetzte das Publikum noch einmal in diese legendäre Epoche zurück. Den Wagen entstiegen Modelle in Reisekostümen, die in so aufwendigen Jacquardmustern gewebt waren, dass man sich in die Zeit zurückversetzt fühlte. Sie erinnerten in der Farbgebung an Bloomsbury und die Arbeiten Sonia Delaunays. Ähnlich muss es wohl ausgesehen haben, als in den frühen 1920-er Jahren russische Emigranten, vornehmlich Großfürsten und Großfürstinnen wie Felix und Irina Yusupov, den Zügen entstiegen und die Pariser mit der ihnen inne wohnenden Grandezza beeindruckten. Louis Vuitton zeigte Kleider und Essembles, die sich in die Zeit des stilvollen Reisens zurückwünschen lässt.
Nicht zum ersten Mal war ein Zug Schauplatz einer Modenschau, mit dem 'Dior'ient Express' hat John Galliano schon für den Winter 1998 diese Kulisse als Schauplatz seiner Haute Couture Schau gemacht. Marc Jacobs braucht kein Dior um Dior zu spielen, in den letzten Saisons gleicht sich nicht nur die Mode der hohen Schneiderkunst an, sondern eben auch das Ambiente. Das Karussell im letzten Jahr, oder die Fahrstühle in der Saison davor, waren aufwendig und beeindruckte das Publikum. Doch sind es alles auch Sachen, die eben andere schon mal gezeigt haben – der Zug gab es eben schon bei Dior, das Karussell bei Chanel. Vergisst die Modemeute so schnell, dass man einfach alles wieder aufbereiten kann und neu erscheinen lässt?
Bild: Screenshot