"Vision zu Mann und Mode", das ist nicht gerade tiefgestapelt. Ich war sehr neugierig darauf was mir dieses Magazin bieten würde, als ich die Email mit dessen Ankündigung weitergeleitet bekommen habe. Man ist ja einiges gewöhnt und hat Ansprüche, weiß was man von Magazinen erwartet und wurde ebenso oft schon enttäuscht. Hinzu kommt, dass es sich bei 'Der schöne Mann' um ein Projekt der Hochschule der Künste Bremen handelt, deren Studierende nicht nur die Inhalte und Bilder konzipierten, sondern auch gleich noch die Mode zu entwarfen. Die Messlatte liegt hoch, die Möglichkeit zu scheitern ist umso größer.
Ich habe mir ein Presseexemplar zuschicken lassen und schon nach dem ersten Durchblättern war klar, dass es sich um ein besonderes Stück Print handeln würde. Die Art wie sich das Papier anfühlt (hier kommt wieder der Haptik-Fanatiker durch), wie die Schrift gesetzt ist und das gesamte Layout aufgebaut wurde überzeugt auf den ersten Blick. All das macht Lust auf mehr, tiefer einzutauchen in diese Vision von neuer Männlichkeit.
Mit 292 Seiten ist das Heft nicht gerade ein Leichtgewicht. Verglichen mit 'normalen' Modemagazinen, bei denen ja die Werbung einen beträchtlichen Teil ausmacht, ist es sogar ausserordentlich reich an Inhalt. Neben Interviews und Essay's gibt es allein 17 Modestrecken, eine davon von Joachim Baldauf. Der international bekannte Fotograf hat die Art Direction für die Bildstrecken übernommen und brachte die Studenten dazu Bilder entstehen zu lassen, deren Eigenständigkeit überzeugt. Man findet kaum Zitate, die auf andere berühmte Fotografen verweisen, was alle Fotos frisch und ungesehen wirken lässt.
Über Christopher Breward war auch hier auf dem Blog schon einmal zu lesen. In London ist er Kurator im Victoria&Albert Museum, er unterrichtet aber auch Modetheorie am Londoner College of Fashion. Im Magazin definierte er nicht nur was in seinen Augen 'Der schöne Mann' ist, sondern spricht auch allgemein über das sich verändernde Männerbild. Weiter wurde der Designer Andreas Kronthaler interviewt, und der für Bernhard Willhelms arbeitende Arnold Gevers. Spannende Typen sind das allesamt, vor allem solche die spannende Geschichten zu erzählen haben und über die man nicht allenthalben liest. Die anderen Texte sind natürlich nicht weniger interessant, sie reichen von der gegenwärtigen Bartmode bis hin zu einem ABC der Herrenmode und -macken.
1.500 Stück wurden von 'Der schöne Mann' gedruckt, das ist nicht sonderlich viel. Ich rate nur schnell zuzuschlagen, einfach weil es sich lohnt dieses Stück Print zu besitzen. Und allen Magazinmachern rate ich mal ein Blick reinzuwerfen und es mit dem zu vergleichen, was so aus dem eigenen Stall kommt. Manche sehen dagegen ganz schön blass aus!
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