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2011/11/01

Wanderung Zum Schachen-Schloß...

Text und Bilder: Paul Peschke

Es ist schon etwas her, da machten wir uns hier in diesem Blog auf die Reise in die Bayrischen Alpen, in ein verstecktes pittoreskes Hochtal hinter den Bergen, zunächst auf die Kranzbachwiese und etwas später weiter zum Schloss Elmau, das eigentlich ein Hotel ist.
Heute nun wollen wir uns aufmachen zur dritten und vorerst letzten architektonischen Überraschung hier am Nordrand des Wettersteingebirges – und das geht nur zu Fuß. Denn die Mautstraße, auf welcher unser Ausflug kurz hinter Garmisch begann, endet am Alpengut Elmau – treue Leser dieses Blogs werden sich erinnern. Und so soll dieser Beitrag hier auch ein kleiner Rückblick auf die wenigen schönen Sommertage diesen Jahres sein.

2010/08/31

Vb und H2O: Von Technik und Natur...

Text und Bild von Paul Peschke

Vielleicht erinnert sich der ein oder andere Leser dieses Blogs daran: Vor einiger Zeit gab es an dieser Stelle eine Wochenend-Ausflugsempfehlung ins Elbsandsteingebirge, zu einem kuriosen Verkehrsmittel, einer außergewöhnlichen Straßenbahnlinie, die nicht in ständigem Stop-and-go durch graue (alternativ mittig-frisch renovierte) Großstadtschluchten oder in kubische Wohnhaussiedlungen fährt, sondern durch eine fast unberührte wildromantische Landschaft, in das enge Kirnitzschtal, von Bad Schandau an der Elbe zum Lichtenhainer Wasserfall in der hinteren Sächsischen Schweiz. Bekanntheit erlangte die Kirnitzschtalbahn, als einer ihrer historischen Züge eine „Nebenrolle“ in der preisgekrönten Verfilmung von „Der Vorleser“ erhielt.
Warum wir heute nach Bad Schandau und in das Kirnitzschtal zurückkehren wollen? Es gibt mehrere Gründe: Neben dieser liebenswert-nostalgischen Straßenbahnlinie gibt es eine weitere technische Attraktion, die Erholungssuchende von Bad Schandau aus in die Natur befördert – diesmal nicht horizontal auf schmalen Schienen, sondern in Form eines filigran-eleganten Stahlgerüsts mit Jugendstil-Verzierungen direkt vertikal nach oben: der Personenaufzug – oder „Fahrstuhl“, wie ihn die Einheimischen nennen – verbindet Bad Schandau seit 1904 mit der Ostrauer Scheibe, einem schönen Hochplateau, etwa 70 Meter über dem Elbtal gelegen.
Hier oben, ruhig, sonnig, mit wunderbarem Ausblick in die Felsenlandschaften der Sächsischen Schweiz sollte um die Jahrhundertwende ein exclusiver Kur- und Ferienort entstehen – mit eigenem Landeplatz und anderem, was damals en vogue war um ein mondäner Ferienort zu werden. Der Aufzug sollte den Anfang bilden, doch es kam mit Ausnahme einiger skandinavisch anmutender Holzvillen nicht zur Realisierung dieser Visionen eines Schandauer Hoteliers – zum Glück, so dass in diesem dörflichen Stadtteil von Bad Schandau umgeben von Wald, Feldern und Wiesen heute eine entspannend ruhige Atmosphäre herrscht.
Ein weiterer Grund für diesen Beitrag ist eine Vb-Wetterlage, sprich „fünf b“. Diese spezielle Wettersituation – die Bezeichnung Vb ist meteorologisch korrekt und stammt nicht aus der massenkompatiblen Vorabend-Wettervorhersage – bescherte dem Dreiländereck Sachsen – Polen – Tschechien und damit auch dem Elbsandsteingebirge bekanntermaßen am 7. August 2010 extreme Niederschlagsmengen – „es schüttete aus Kübeln“ wäre noch untertrieben. Leider so viel, dass sich zunächst Schlamm von den bewaldeten Hängen auf die Straße im Kirnitzschtal ergoss – Wanderer suchten rasch den Heimweg, der Bahnbetrieb wurde vorsichtshalber eingestellt, alle Wagen in die vermeintlich sichere Wagenhalle gefahren. Am Abend dieses Samstags entschloss sich dann der namensgebende Bach zu einem reißenden Strom anzuschwellen – in nur etwa einer Stunde, über die gesamte Talbreite: Wie in einem schlechten Fernseh-Katastrophenfilm wurden unter lautem Rauschen Autos mitgerissen, komplette Campingausrüstungen auf dem Zeltplatz im Tal weggespült, Stützmauern zum Einsturz gebracht, traditionsreiche Ausflugslokale verwüstet. Es drang auch Wasser in das Depot der Kirnitzschtalbahn ein und setzte die über 50 Jahre alten Fahrzeuge unter Wasser – bis auf Achshöhe, einschließlich Motoren. Nun, etwa einen Monat später quietschen die ersten reparierten gelb-weißen Wagen des Linienverkehrs wieder bis zum Beuthenfall – ein Zeichen für Feriengäste, Entscheidungsträger und Anwohner, dass diese touristische Lebensader wichtig ist, sich nicht unterkriegen lässt. Denn wenn die Bahn rollt bringt sie Wanderer auf ihre Wege und nach einem langen erlebnisreichen Tag und Einkehr in den Talwirtschaften wieder zurück – ein uraltes Prinzip.
Allerdings sind noch längst nicht alle Schäden behoben: Die letzten 800 Meter der Strecke werden wohl erst im nächsten Jahr wieder befahren werden können – zu groß war hier die Kraft des Wassers. Für ein beliebtes Ausflugslokal, die Buschmühle, auch Drehort einer kurzen Szene von „Der Vorleser“, wurde eine Hilfs- und Spendenaktion ins Leben gerufen, Bergsteiger und Wanderer aus der Region rückten hier schon wenige Tage nach dem Unwetter bei der Beseitigung der enormen Schäden mitzuhelfen. Bei der Kirnitzschtalbahn brauchen die historischen Wagen noch Reparaturen: Neben dem „Filmstar“, auf dem Kate Winslet ihren Schaffnerdienst verrichtete, wurde besonders die Nummer 9 durch die schlammigen Wassermassen „innerlich“, also an Motoren und Fahrwerk stark beschädigt, weshalb auch hier eine Spendenaktion dazu beitragen soll, diesen Wagen wieder zum Rollen zu bringen. Denn während der historische Zug der Kirnitzschtalbahn zwar zu Kinoehren kam – dieser rote Wagen ist mit seinen Einachsdrehgestellen ein weiteres technisches Unikum, das von der Dresdner Lockwitztalbahn nach deren Einstellung hier in die nahe Sächsische Schweiz umgesetzt wurde. Aber das ist wieder eine andere Geschichte, genauso wie die, dass der Schandauer Aufzug einen großen, etwa gleichaltrigen Bruder in der „richtigen“ Schweiz hat, welcher wiederum auch zu Kino-Ehren kam – in einem Bond-Klassiker mit – und hier schließt sich der Kreis – geradezu ursächsischer Besetzung der Bösewicht-Hauptrolle. Wer jetzt einen Shirley-Bassey-Song im Ohr hat liegt genau richtig...

2010/03/16

Hinter Den Bergen II...

von paul peschke



Es bestand also der Wunsch, die Reise auf der kleinen Mautstraße in den Bayrischen Alpen fortzusetzen – bis zum heimeligen „Kranzbach“ von Mary Portman und Ilse Crawford sind wir ja schon gekommen. Und eigentlich ist es auch sehr schön hier, dennoch wird der Mensch ja von Neugier getrieben ...
Schauen wir also weiter: Straße, Loipe, Wanderweg – sie alle führen durch dunkle Nadelwälder über eine kleine Wasserscheide weiter „in die Elmau“, wie die Einheimischen gerne sagen, ein weiteres Hochtal, breit, eben, mit Wiesen und schlanken Fichten und Heustadeln und umrahmt von den Zacken und Spitzen des Zugspitzmassivs.
Wie schon auf der Kranzbachwiese wird man hier abermals überrascht von einem besonderen Bau, dessen stolzer grünspanbedachter hoher Turm ein wenig an alte norddeutsche Kirchen erinnert: An der breitesten Stelle des Tals steht das „Schloss Elmau“, 1916 von Johannes Müller, einem aus Sachsen stammenden protestantischen Theologen und Doktor der Philosophie mit finanzieller Unterstützung von Elsa Gräfin Waldersee erbaut – mit einer ähnlichen Zielsetzung wie es einst unsere englische Adelstochter Mary Portman für ihr kleines Herrenhaus vorgesehen hatte: ein Rückzugsort zum (Nach-) Denken, für Freunde, Gleichgesinnte.
Im Gegensatz zum pittoresken „Kranzbach“ mit seinen dezent hinzugefügten Anbauten der Neuzeit ist das denkmalgeschützte Schloss Elmau ein recht wuchtiges Ensemble mit großen Nebengebäuden und einer teils moderneren Fassade – die Folge eines Großbrands im Sommer 2005. Auch hat sich dieses Haus inhaltlich etwas anders platziert: Als „Luxury Spa & Cultural Hideway“ ist Schloss Elmau „a Member of The Leading Hotels of the World“, und es bietet neben allen selbstverständlichen Annehmlichkeiten von Häusern dieser Kategorie auch Klassik- und Jazzkonzerte, Lesungen und andere Events – zum Teil mit hochkarätigen internationalen Künstlern. Sogar „Edutainment für Kinder“ offeriert man hier hinter den Bergen in luxuriösem Ambiente.


Ein Stückchen weiter, ganz am Ende des Talbodens steht schließlich noch das „Alpengut Elmau“: Der authentische Gasthof ist ein beliebtes bodenständiges Ausflugsziel mit guter bayrischer Küche für die Gäste der beiden geschichtsträchtigen „feinen Hotels“, die an der hier endenden Mautstraße liegen.
Wenn der Schnee getaut ist, kann man die Entdeckungsreise fortsetzen, aus dem Tal heraus vom Alpengut hinauf zum „Schachen“ wandern – wie einst König Ludwig II. von Bayern, dem touristische Highlights wie das Schloss Herrenchiemsee („Versailles für Bayern“) oder das Schloss Neuschwanstein („Inspiration für Disney-Märchenschlösser“) zu verdanken sind. Dort oben steht ein weiteres Beispiel der – nennen wir es einmal vorsichtig – Bautätigkeit dieses speziellen Monarchen: auf knapp 1900 Metern Höhe ließ er, der der Jagd nichts abgewinnen konnte, ein Jagdschlösschen aus Holz, im Schweizer Chaletstil errichten. So finden die architektonischen Überraschungen unserer kleinen magischen Mautstraße dort oben hochalpin mit dem Königshaus am Schachen ihren Abschluss.

2010/03/10

Hinter Den Bergen...

text und bilder von paul peschke


Bayrische Alpen: Lüftlmalerei an alten und neuen Häusern, Hotelkomplexe, welche die typische Gebirgsdorfarchitektur aufzunehmen versuchen - sommers mit geraniengeschwängerten Balkons. An den Talstationen der Bergbahnen Großparkplätze für die Downhill-Fraktion der Wintersportler. Irgendwo zwischen Garmisch und Mittenwald, in einem typischen kleinen Bergdorf zweigt eine Mautstraße ab – und entführt einen in ein ganz besonderes Hochtal, das so anders ist, als dieses eingangs, vielleicht etwas überzeichnete Bild ...
Folgen wir der schmalen Straße einige Kurven und Höhenmeter aufwärts: Plötzlich wird oben ganz kurz zwischen den schlanken Nadelbäumen ein moderner, fast puristisch-transparent wirkender Bau sichtbar – große Fensterfronten, Holz. Man fährt weiter. Eine Kehre weiter die architektonische Überraschung: Ein Schloss! Nein, eher ein englisches Herrenhaus – wo bin ich? Eine Zeitreise? Sieht irgendwie aus wie diese alten Landsitze aus den Rosamunde-Pilcher-Filmen ...


Auf einer kleinen Hochebene, eingerahmt von Karwendelgebirge und Zugspitzmassiv liegt das „Schloss Kranzbach“, wie früher die Dorfbewohner unten aus dem Tal sagten. Es ist der steingewordene Traum von Mary Isabel Portman, einer, sagen wir, etwas unkonventionellen Tochter einer wohlhabenden und angesehenen Londoner Aristokratenfamilie, 1877 geboren in London.
Wohl vor allem die Musik, Mary Portman spielte selbst hervorragend Geige, brachte sie nach Deutschland, nach Leipzig, in Künstlerkreise. Und weil die Alpen als Reiseziel seinerzeit als extravagant und chic galten verschlug es die eigensinnige Dame etwa um 1913 auch einmal auf die so genannte Kranzbachwiese, wo sie sogleich dem Charme dieses Hochtals erlag.
Künstler und Freunde wollte sie hier in dieser bis heute im Grunde unberührten Natur (keine Seilbahn etc.) um sich haben, beauftragte seinerzeit ein renommiertes englisches Architekturbüro mit dem Bau: ein aufwändig mit den Fertigkeiten traditioneller Gewerke ausgestattetes „Country House“ nebst einem kleinen Konzertsaal sollte es werden.
Doch es kam alles anders: Erster Weltkrieg – der Innenausbau wurde wohl unterbrochen, Nutzung als Wohnhaus, Schullandheim, Gästehaus zu den Olympischen Spielen Garmisch-Partenkirchen 1936, Kinderkurheim. Mary Isabel Portman sah den stattlichen aber dabei keinesfalls protzigen Bau mit den Treppengiebeln und den unverputzten Bruchsteinwänden wahrscheinlich nie – 1931 verstarb sie im schweizerischen Montreux.



Anfang der 90er Jahre begann die Karriere des „Schloss’ Kranzbach“ als Hotel, wohl aber nur mit mäßigem Erfolg. 2007 dann ein Neubeginn. Und hier schließen sich mehrere Kreise:
Ilse Crawford, „Londons gefragteste Interieur-Designerin“ (schreibt die ELLE DECORATION) nimmt sich der fast 100 Jahre alten Hülle ihrer englischen Architekten-Kollegen von damals an – und stattet den nunmehr „Mary-Portman-House“ genannten Bau liebevoll bis ins Detail (Drehknopf-Lichtschalter!), very british und dabei ungemein gemütlich aus – mit hochwertigen Materialien und einzigartigen Möbelstücken, Lampen und Accessoires. Salons mit den originalen Kaminen, Hochflorteppichen und Sixties-Drehstühlen laden nicht nur bei Schneetreiben zum Verweilen ein. Alles ist wunderbar farblich abgestimmt und in einem unglaublich elegant-legeren Stilmix, den man kaum für möglich halten mag.
Und an den Südhang, von der Vorfahrt zu diesem neuen Design-Erlebnis in alter Hülle kaum erkennbar, schmiegt sich ein gelungener Neubau an: nahtlos und terrassenförmig gehen die Wiesen in die Dächer des „Gartenflügels“ über, der über einen verglasten Steg mit dem so genannten Badehaus verbunden ist, das man wie eingangs erwähnt kurz zwischen den Tannenwipfeln unten von der Straße aus erspähen kann. Diese gekonnt zurückhaltend platzierten Anbauten ergänzen das solitär stehende „Mary Portman House“ um helle luftige Zimmer mit Lärchenholz aus der Region als Wandverkleidung sowie um einen großzügigen Wellnessbereich, der mit seinen drei Kaminen die Gemütlichkeit der Crawford’schen Salons mit schlicht-moderner Formensprache aufgreift.
Dabei ist es dem österreichischen Architektenteam gelungen, hier hinter den Bergen eine zur eindrucksvollen Lage der „Kranzbachwiese“ wunderbar passende leichte Atmosphäre zu schaffen ohne sich dabei an die bäuerlich-alpine Architektur anbiedern zu wollen – wie es ja viele Hotels in dieser Region mitunter etwas gekünstelt versuchen.


2010/02/16

Weltmeister Im Untergrund...

von paul peschke


"Live-Musik" in S- und U-Bahn hat verschiedene Ausprägungen, und ebenso breit gefächert sind die Meinungen dazu. Wobei es schon ein Unterschied ist, ob man über mehrere Stationen ein und denselben wenig melodiösen Akkord zu hören bekommt oder ob man im Vorübergehen die Akkordeon-Adaption eines Mozart-Klassikers oder eines Beatles-Songs aufschnappt. So, wie es mir oft auf der U2 geht: Ob am Alex oder im U-Bf. Stadtmitte, da, wo der Mäusetunnel die Bahnsteige von U2 und U6 miteinander verbindet.


Sofern die Ohren nicht mit eigener Musik verstöpselt sind kann man hier den Ohrwurm für die nächsten engen Minuten im Berliner Untergrund erhaschen. Recht oft haben sich vor den kühlen Kacheln der U-Bahnhöfe Musiker meist osteuropäischer Herkunft platziert, die ihr Handwerk im wahrsten Sinne des Wortes beherrschen. Ein, zwei davon spielen auf Akkordeons, die den nicht gerade von Understatement geprägten Markennamen „Weltmeister“ tragen. Da kommen dann bei mir einem gewissen Stolz Heimatgefühle auf, denn diese Handzuginstrumente haben ihre Wurzeln ebenso wie ich im Vogtland, genauer gesagt in Klingenthal, im Musikwinkel. Um 1850 begann hier die Produktion von Akkordeons, schon bald waren die Täler an der tschechischen Grenze eines der bedeutendsten Zentren der Akkordeonproduktion weltweit. Einige Fabrikantenvillen zeugen bis heute vom damaligen Wohlstand.
Diese Weltmeister-Akkordeons sind ein Produkt der Firma „Harmona“, der „ältesten Akkordeonmanufaktur der Welt“, wie es auf deren Homepage heißt. Sie ist einer der wenigen Klingenthaler Hersteller von „Quetschkommoden“, der bis heute überlebt hat auf diesem durchaus hart umkämpften Markt. Um die 50 große und kleine Firmen gab es zeitweise, mit mehreren Tausend Mitarbeitern und so herrlich nach den Fünfzigerjahren klingenden Markennamen wie Vermona und Goldon. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde vorwiegend der osteuropäische Markt bedient, weswegen so manches Weltmeister-Akkordeon heute auch seinen Weg auf Berliner U-Bahnhöfe findet.


Auf großen Bühnen sind Handzuginstrumente aus dem Vogtland ebenso Zuhause, für die besten Künstler gibt es in Klingenthal jährlich einen renommierten Wettbewerb In diesem Jahr erstmals auch mit Kategorien für das Bandoneon, welches untrennbar mit dem Tango verbunden ist.
Nur ein paar Loipenkilometer von Klingenthal entfernt, in Carlsfeld (das ist schon im Erzgebirge!) wurden bis 1945 mehrere Zehntausend Bandoneons hergestellt und damit ein Großteil des lateinamerikanischen Marktes bedient.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Carlsfeld, wo nebenbei bemerkt das kleine ältere Vorbild für die bekannte Dresdner Frauenkirche steht, zurück nach Berlin-Alexanderplatz zu kommen ist schon ein abenteuerliches Unterfangen, welches in punkto Planung und Vorbereitung an eine Weltreise grenzt – aber das ist wieder eine andere Geschichte.

2010/01/28

Filmstar Auf Schienen...

von paul peschke


Etwa vor einem Jahr kam der vielfach ausgezeichnete Film „Der Vorleser“ nach dem Bestseller von Bernhard Schlink in unsere Kinos. Mittlerweile ist der Streifen auch auf DVD erschienen. Neben Kate Winslet, für ihre Rolle in diesem Film mit mehreren Preisen bedacht, und dem deutschen „Shootingstar“ David Kross standen weitere deutschsprachige Schauspieler in der internationalen Co-Produktion vor der Kamera: unter anderem Bruno Ganz, Marie Gruber, Burghart Klaußner, Alexandra Maria Lara.
Doch der Film hat noch einen Hauptdarsteller – aber der Reihe nach. Die Handlung spielt zu großen Teilen in einer Kleinstadt im Nachkriegsdeutschland der Fünfziger Jahre. Dafür lieferte Görlitz, ganz im Osten Sachsens gelegen, die Kulisse. Das einzigartige Altstadtensemble bietet ein sehenswertes Potpourri aus Jugendstil, Renaissance, Spätgotik und Gründerzeit. Viele Bauten zeigen sich restauriert, nicht zuletzt auch Dank der jährlichen großzügigen Spende eines unbekannten Gönners – fast ein kleines Märchen in der heutigen Zeit. Allein das Warenhaus von 1913 mit seinem original erhaltenen Lichthof und den breiten Freitreppen ist eine Reise wert (seit letztem Jahr durch das Ende von Hertie bis auf weiteres leider nicht zugänglich).
Kate Winslet verkörpert in „Der Vorleser“ eine Frau mit einer düsteren Vergangenheit, die nach dem Krieg als Straßenbahnschaffnerin arbeitet. Das dazu für die Dreharbeiten notwendige Gefährt kam von der Kirnitzschtalbahn auf die Gleise der Görlitzer Straßenbahn: ein zierlicher Triebwagen mit passendem Beiwagen, beide Baujahr 1928, mit Ledersitzen, Holzlattenboden und warmem Glühlampenlicht.


Die zwei originalgetreu erhaltenen Fahrzeuge gehören zum historischen Wagenpark der Kirnitzschtalbahn. Beim kleinsten Straßenbahnbetrieb Deutschlands, der regulär auf der gut acht Kilometer langen Strecke Schüler aus und vor allem Wanderer in ein umwerfend malerisches Tal in der Sächsischen Schweiz schafft, tragen gewöhnlich alle Bahnen einen gelb-weißen Lack, so auch diese beiden Wagen. Eigens für die Dreharbeiten kamen sie jedoch in die Maske: sie wurden in beige umlackiert, hinzu kamen noch kräftige Schmutzspuren und Reklametafeln aus der Nachkriegszeit, um Triebwagen 5 und Beiwagen 12 für ihre Rolle auf den Görlitzer Schienen vorzubereiten.
Einige Sequenzen von „Der Vorleser“ entstanden aber auch im Kirnitzschtal, noch im Stadtgebiet von Bad Schandau, dem Kurstädtchen an der Elbe. Dort hat die heute übrigens ganz umweltfreundlich teils mit Solarstrom aus der eigenen Photovoltaikanlage betriebene Linie ihren Ausgangspunkt. Eigens für die Dreharbeiten wurde hier wie auch in Görlitz gleich einmal der reguläre Straßenbahnbetrieb für ein paar Tage unterbrochen, „neuzeitliche“ Straßenschilder wurden entfernt.
Inzwischen sind die beiden Wagen schon längst „abgeschminkt“ und tragen wieder ihre ursprünglichen Farben. Nach ihrem Winterschlaf, spätestens zu Pfingsten, werden sie – ganz ohne Starallüren – wieder Ausflügler zum Lichtenhainer Wasserfall bringen, dem Endpunkt der Kirnitzschtalbahn und Ausgangspunkt zahlreicher wunderbarer Wanderrouten in die Felsenlandschaft der Sächsischen Schweiz. Denn zu ausgewählten Terminen unterstützen die Oldtimer ihre „etwas“ jüngeren Kollegen – und man kann dort Platz nehmen, wo vielleicht auch Kate Winslet und David Kross saßen.


Im Liniendienst sind auf der Kirnitzschtalbahn heute ebenfalls Wagen im Einsatz, die bereits um die 50 Jahre auf dem Buckel haben. Darunter Triebwagen 3, dessen „Karriere“ 1958 auf der schon längst stillgelegten Klingenthaler Schmalspurbahn unter der Regie der Deutschen Reichsbahn begann. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte...


Infos:
-Bad Schandau ist Haltepunkt der EuroCity-Linie Hamburg – Berlin – Dresden - Prag (- Wien/Budapest).
-Logieren wie Filmstars kann man hinter detailgetreu restaurierten Belle-Epoque-Fassaden im Fünfsterne-Hotel „Elbresidenz“, aber auch zahlreiche Pensionen und kleinere Hotels bieten günstigere Alternativen.
-Bad Schandau ist zudem in der Sommersaison Station der Sächsischen Dampfschifffahrt, der ältesten und größten Raddampferflotte der Welt.

2010/01/19

Hurtigruten...

ein reisebericht von paul peschke


Schiffsreisen haben heute ja viele Facetten: Von der daueranimiert-hyperaktiven Clubschifftour über die Brit-Chic-Atlantiküberquerung bis hin zum fernseherprobten Kreuzfahrtdampfer mit Tanztee und Dinner-Jacket-Empfehlung. Und dann gibt es noch Fährverbindungen, die inzwischen mehr und mehr Anleihen bei all diesen Konzepten nehmen.
Eine spezielle Mischung aber sind die „Hurtigruten“, 1893 als „schnelle Route“ entlang der norwegischen Küste vor allem für den Posttransport eingerichtet. Und, nein, eine Fahrt mit den so genannten Postschiffen ist nicht nur etwas für rüstige Senioren, die das Angebot aus der Fernsehzeitung gebucht haben. Außerhalb der Hochsaison zur Mitternachtssonne gibt es wohl kaum eine Reisevariante, die einen hier näher an Land und Leute bringt: tief eingeschnittene Fjorde, alpine Küstenszenerien, malerische Inselchen, einsame Dörfer, kleine Großstädte, raue See, mitunter eine Walflosse, die im Wasser verschwindet. Ich kam mit englischen Landschaftsfotographen ebenso ins Gespräch wie mit überaus lustigen norwegischen Schülern auf Abschlussfahrt. Traf Backpacker, die zwischen zwei Häfen auf einer Couch im Aussichtssalon übernachten. Und ich begegnete der schwangeren Frau, die kurz vor Mitternacht in einem Dorf hinter dem Polarkreis zustieg, um am nächsten Morgen noch rechtzeitig die Kleinstadt mit der Klinik zu erreichen.
Auf den gut 2800 Kilometern (das ist mehr als von Oslo nach Rom!) sind elf Schiffe verschiedener Generationen unterwegs: von Bergen über Trondheim und Tromsø nach Kirkenes kurz vor dem, sagen wir, gefühlten Ende der Welt nahe der russischen Grenze. Täglich, das ganze Jahr, nach festem Fahrplan – und meist verblüffend pünktlich. Elf Tage dauert eine Rundtour hin und zurück, die erfrischende Polarkreistaufe durch Neptun persönlich (mit Eiswasser und Urkunde!) auf der Nordtour inklusive.
Ein merkwürdig ergreifender Moment ist es dann auch, wenn sich ein nord- und ein südgehendes Schiff begegnen – „fahrplanmäßig“, abends, bei stürmischer See irgendwo im Nordmeer: Flatterndes Bettlakenwinken der Crews, Schneeflöckchen auf der Nase, das zuversichtliche Grüßen der Schiffstyphone.



Ein Moment, in dem man sich ziemlich klein vorkommen kann. Mitunter, wenn diese allabendliche Begegnung bei einem, nun, fürchterlich unwirtlichen Wetter stattfindet, kam mir dazu die Frage in den Sinn: Was tue ich mir hier eigentlich an? Doch eben solche Gänsehauterlebnisse machen den Reiz von Hurtigruten aus. Auch wenn – abgestimmt auf die kurzen Liegezeiten - mittlerweile eine große Auswahl interessanter Landausflüge angeboten wird, die zunehmend auch auf jüngeres Publikum zugeschnitten sind (Hundeschlittenfahrten!, Schneescooter!): Hier handelt es sich im Kern nicht um ein durchgestyltes Produkt eines vielköpfigen Touristikexpertenteams. Es sind die einfachen Zutaten der großen Tradition dieser Linie als verlässliches Beförderungsmittel, die herbe Natur und die Freundlichkeit der im Grunde vollständig norwegischen Besatzung, die hier Authentizität vermitteln. Da wird das Abendessen schon mal vorverlegt, weil der Fahrplan halbwegs eingehalten werden muss und die nächste Passage turbulent wird. Da habe ich mich mitten in der Nacht wecken lassen, wenn es bei klarem Himmel das unvergleichliche Nordlicht gab.

Hier braucht es keine Animation und kein Dinner-Jacket.

Allen Schiffen gemein sind neben dem schwarzen Schornstein mit dem roten Signet und der norwegischen Flagge am Heck die Stückgut-Ladeflächen: mit Platz für Kohlköpfe, Toilettenpapier, Bodenfliesen, Blumenerde – kurzum alles, was man zum Leben auf einer entlegenen Lofoteninsel braucht und keine allzu große Eile beim Transport hat. Die neuen Schiffe nehmen auch Autos mit – wie eine Fähre oder auf der Gesamtstrecke für die, die vom Nordkap auf der Straße zurück wollen. Und auf den oberen Decks gibt es auch komfortable Suiten, gut geheizte Panorama-Salons mit unheimlich bequemen Sesseln und eine Sauna – immer mit Blick auf die atemberaubend schöne Küste, die hier zusammen mit dem faszinierenden Spiel des winterlichen Nordlichts oder den stimmungsvollen Sonnenuntergängen im Herbst das Fernsehprogramm ist. Dagegen geradezu spartanisch sind die robusten Oldtimer: MS Lofoten zum Beispiel, 1964 gebaut, immer noch tapfer im traditionsreichen Liniendienst, mit nostalgisch-hölzernem Interieur, Eisbärenfell im Treppenhaus, Dusche/WC auf dem Gang. Dazu eine entspannte und ganz herzliche Besatzung sowie viel feiner frischer Fisch in dem wunderbar gemütlichen Speisesaal, in dem die Stühle gegen mitunter aufkommenden Seegang festgekettet sind und gegen dessen Fenster auch schon mal ein wenig Meerwasser schwappt. Hier braucht es keine Animation und kein Dinner-Jacket. Nur viele Speicherchips oder Filme.


Von Deutschland empfiehlt sich eine Buchung über www.hurtigruten.de. Ebenso wie andere Anbieter für Reisen nach Nordeuropa offeriert die deutsche Hurtigruten-Vertretung zahlreiche Variationen bei der Anreise, etwa mit (Direkt-)Flug nach/ab Bergen und nach/ab Kirkenes (mit Umsteigen in Oslo). Durch den fahrplanmäßigen Betrieb mit täglichen Abfahrten ist man hier bei individueller Buchung nicht auf konkrete Terminvorgaben festgelegt. „Anfänger“ sollten jedoch bei der Wahl des Abfahrtstages darauf achten, um welches Schiff es sich handelt: die traditionellen Schiffe vermitteln das ursprünglichste Postschifferlebnis, erfordern jedoch mitunter eine gewisse „Seetüchtigkeit“ des Reisenden. Die neuere Generation zeichnet sich dagegen durch ein deutliches Mehr an Komfort aus – die Fahrtstrecke und angelaufene Häfen sind in jedem Fall gleich. Von Hurtigruten selbst angeboten werden zudem Gruppen- und Themenreisen (Nordlicht, Wale), teils mit organisierten Transfers.
Lohnenswert und eine gute Einstimmung ist die Anreise mit der Fähre ab Kiel nach Oslo (www.colorline.de) und einige Tage später weiter mit der Bergenbahn (buchbar über Hurtigruten). Die siebenstündige Bahnreise führt von Seehöhe auf Seehöhe über das Hochplateau der Hardangervidda (Bf. Finse, 1.222 m) – bis in den späten März hinein ein geradezu arktisches Erlebnis. Oslo wird mittlerweile auch von mehreren günstigen Fluglinien bedient.
Von und nach jedem der 34 Häfen ist natürlich auch das Buchen von Teilstrecken möglich. Prinzipiell kann man daher ebenso einfach zur Abfahrtszeit am Kai auftauchen und sich eine Passage und – sofern noch verfügbar – eine Kabine dazu buchen.
Die Preise richten sich stark nach Saison, Kabinentyp und Dauer der Reise. So beginnen die Touren bei um die 500,- Euro ohne Anreise bis hin zu mehreren Tausend Euro in einer Suite auf einem der neueren Schiffe. Auf www.velgogseil.no (nur in Norwegisch) ist neuerdings die kurzfristige Buchung von Restplätzen zu günstigeren Preisen möglich.


2010/01/17

Verstärkung...


Verdens vakreste sjøreise!

ein neues jahr ist doch ein guter ansatz mal ein bisschen frischen wind in dieses blog zu bringen. gerade habe ich pauls (siehe unteres bild) ersten artikel bearbeitet, mit bildern versehen und zum posten bereitgemacht. am kommenden dienstag beschreibt er eine schiffsreise jenseits von aida-fröhlichkeit und seniorenausflug.
sein bericht über die reise auf einem der postschiffe der hurtigruten macht lust auf dieses abenteuer!

wenn paul nicht gerade mit dem schiff im hohen norden unterwegs ist, arbeitet in der geschäftsentwicklung für ein privates bahnunternehmen. seine nächsten artikel sind schon in planung, ich freue mich auf mehr!