2014/02/07

Recycling: Warum Sotschi So Viel mit Olympia 1936 Gemeinsam Hat...


Gestern starteten inoffiziell die XXII. Olympischen Spiele in Sotschi, noch bevor alle Athleten fein säuberlich sortiert in ein nach aussen hin fertig wirkendes Stadion einmarschiert sind, haben die Eiskunstläufer schon einmal ihre Runden drehen dürfen. Naja, ist Eiskunstlaufen nicht auch ziemlich nach dem Camp-Geschmack? Und warum ist ausgerechnet ein Eiskunstläufer Putin's Lieblingssportler?
Nach den Protesten im letzten Herbst ist wieder Ruhe eingekehrt und auch wenn noch immer Homosexuelle und andere Minderheiten tyrannisiert werden, wurde doch schnell wieder auf Sport umgeschaltet; Coke und Visa machen weiter Umsatz und Putin sonnt sich weiter in Selbstherrlichkeit.
Nachfolgenden Text habe ich schon im August veröffentlich, es lohnt sich aber ihn noch mal hervorzuholen, einfach der Aktualität halber...

Neulich erstaunte mich ein Kommentar unter dem von Silke Burmester bei Spiegel Online veröffentlichten Artikel über die Homophobie in Russland doch sehr. Meinte der Kommentator doch, dass die Anti-Gay-Gesetze in Russland eine innerpolitische Angelegenheit seien und aussenstehende nicht das Recht hätten darüber zu urteilen oder diese zu bemängeln. Klar, wir alle sind ziemlich gut darin die Augen zuzumachen oder einfach in eine andere Richtung zu schauen, wenn es unangenehm wird. Und stünden nicht die olympischen Spiele kurz bevor, wäre doch auch alles super. Bei der bevorstehenden Leichtathletik WM in Moskau, die in wenigen Tagen über die Bühne gehen wird funktioniert dies doch auch ganz wunderbar. Oder schon mal jemand von einem Boykott selbiger gehört?
Auch das IOC schaut weg, Wirtschaftsfaktor und Geldmaschine Olympia und all dieser Kram sind wichtiger als eine kleine Minderheit, die doch einfach mal ihren Mund halten soll und dann doch eigentlich ganz beschaulich leben könnte. Geht doch schließlich nur um ein paar Schwule und Lesben, anders wärs wenns Juden wären. Ach nein, dass war ja vor 77 Jahren. Und im Grunde hat auch damals das Wegschauen der Aussenstehenden wunderbar funktioniert. Für ein paar Wochen wurden in Deutschland einfach ein paar Plakate und Schilder von den Straßen entfernt und der ein oder andere deutsche Viertel- teils sogar Halbjude hat sogar mitspielen dürfen. Und die von ausserhalb hat man eh reingelassen, nach zwei Wochen sind die schon selbst wieder gefahren. Danach gings dann richtig ab und erst als das Kind sprichwörtlich in den Brunnen gefallen war hat man reagiert. Nein, eigentlich doch erst als es ans eigene Territorium ging und Hitler begann Krieg zu spielen schritt man ein. Und die Rettung der überschaubaren Anzahl von Überlebenden Juden war ein positives Nebenprodukt, welches am Ende die Möglichkeit bot die Täter vor Gericht zu bringen. 
Nun plant Putin und seine Mannschaft sicherlich nicht das eigene Land zu vergrößern, ist ja eh schon weit und größtenteils leer. Es gibt also keinen Grund sich auf den Schlips getreten zu fühlen und Streit will ja auch keiner haben. Die Schwulen hierzulande sind ja ganz nett und haben alle so einen guten Geschmack. Und die Lesben? Ja, in Pornos schaut man denen gerne mal zu... Aber bitte, um die in Russland und all den anderen Ländern mit ähnlichen Gesetzen will sich nun wirklich nicht noch kümmern müssen. Und warum Olympia boykottieren, ist doch im Fernsehen so nett anzuschauen wie die da die Pisten herunter fegen. 
Wir leben in einer Welt, in der man sich die Drohnen im Spielzeugladen kaufen kann um zu schauen ob des Nachbarsgarten auch säuberlich gemäht ist. Unsere Emails, und alle Kontobewegungen sowieso, werden überwacht, schließlich weiß man ja nie. Hinter jeder Hecke wird ein Terrorist vermutet, und verdächtig ist grundsätzlich eh jeder. Wenn es aber um die wirklich grundlegenden Rechte unserer Mitmenschen geht, hierzulande oder anderswo, haben wir unseren Großeltern und Urgroßeltern doch mehr gemein als uns lieb sein sollte.
Weitere Artikel zu diesem Thema hier und hier. Vor allem bei der TAZ sind es die Kommentare die erschrecken und davon zeugen, dass es durchaus auch hier Befürworter ähnlicher Gesetze geben könnte.

Bei Euronews gibt es übrigens viele schöne Twitter-Bilder und -Posts, die Journalisten von ihren wirklich wunderschönen Behausungen machen. Da wäre man gerne Gast in Sotschi!