2013/04/14

Palast Hotel...


Wiesbadens Pracht, und davon ist noch einiges vorhanden, hat viel mit dem Titel 'Welt-Kur-Stadt' zu tun, ein Prädikat, dass sich die Stadt im 19. Jahrhundert nur mit Biarritz, Deauville, Karlsbad und einer letzten, die mir aber gerade entfallen ist, teilen hat müssen. Die Konzession des Glückspiels im ausgehenden 18., die warmen Thermen und die schöne Gegend ganz allgemein trugen dazu bei, dass vor allem nach der Annektierung des Herzogtums Nassau 1866 die Preußen Könige und späteren Kaiser gefallen an dem Kurstädtchen fanden und es in den 50 Jahren bis zum ersten Weltkrieg eine enorme Blüte erlebte. 
Auf 100.000 Einwohner kamen Sommers wie Winters 200.000 Kurgäste, die nicht nur unterhalten und verpflegt werden wollten, sondern vor allem einen Platz zum nächtigen suchten. 80 Hotels trugen das Prädikat 'Grand' im Namen, welches nur an Häuser mit eigenen Badeanstalten vergeben wurde, dazu kamen noch unzählige Häuser, deren Gäste in den öffentlichen Bädern, wie der Kaiser Friedrich Therme kurten. Während die kaiserliche Familie, Kaiser Wilhelm I. verbrachte immer vier Wochen im Mai in Wiesbaden, das ehemalige Stadtschloss der Nassau'ischen Herzöge zu ihrer Kur-Residenz ausbauten, logierte der Hofstaat in den zahlreichen Hotels. Zusätzlich zogen solch Prominente Gäste weitere Erholung suchende aus dem Adel und der Finanzwelt an. 
Von aussen sieht man vielen Häusern diese Pracht noch immer an, doch mittlerweile sind die meisten davon in Büros und seltener in Wohnungen umgewandelt worden. Einzig der 'Nassauer Hof' mit seiner unglaublichen Aussicht auf Bowling Green und Kurhaus und der 'Schwarze Bock', das älteste Hotel Deutschlands beherbergen noch immer Gäste und versuchen den alten Glanz aufrechtzuerhalten. Statt aus Europa und Nordamerika kommt das neue Klientel aus den nahen Osten und Afrika. Fifi Ejindu, eine der reichsten Frauen Nigerias, zum Beispiel kommt mehrmals im Jahr und das sicherlich auch, weil der Nassauer Hof noch immer zu drei herausragenden Hotels Deutschland gehört. 



Während das Hotel Rose, ein riesiger neobarocker Kasten und eines von Jürgen Schneiders Spekulationsobjekten, mittlerweile die hessische Staatskanzlei beherbergt, hat das 1905 fertiggestellte Palast Hotel ein ganz anderes Schicksal ereilt. Die wahrscheinlich schönsten Sozialwohnungen Deutschlands liegen direkt in bester Lage und ein einem herausragenden Jugendstilbau. 
Während der Bauarbeiten stiess man auf die Überreste einer römischen Therme, welche, wenn es nach Wilhelm II. gegangen wäre, durch eine Säulenkonstruktion auf der man das Hotel gebaut hätte auch erhalten bleiben sollte. Dies war jedoch finanziell nicht bewerkstelligen, trotzdem legte der Kaiser den Grundstein für den weiteren Hotelbau in direkter Nachbarschaft zu den Häusern Rose, Nassauer Hof, Schwarzer Bock und dem im zweiten Weltkrieg zerstörten Hotel Vier Jahreszeiten mit seiner komplett aus italienischem Marmor ausgekleideten Badeanstalt. 
Seit den 1970-er Jahren befinden sich nun tatsächlich Sozialwohnungen in dem Haus, dass einst für die wohlhabendsten Gäste der Stadt konzipiert wurde. Einzig die Fassade, der elegante Eingangsbereich und die vor allem der unglaublich schöne Innenhof zeugen von der einstigen Pracht und man wünscht dich die Zeit zurück, als noch Herrschaften in eleganter Toilette hier zum kuren verweilten. 


Der Blick in die vergangene Zeit wurde möglich, weil wir uns spontan entschieden an einer Stadtführung teilzunehmen statt den Nachmittag in der Sonne auf dem Balkon zu vergammeln. Frau Krause, eine äusserst aparte Dame, hat uns die Stadt wieder ein Stückchen näher gebracht und auf äusserst charmante Art und Weise in die Geschichte eingeführt. Es war also ein ziemlich perfekter Sonntagnachmittag.