Anscheinend mausert sich der Donnerstagabend zu einem ernstzunehmenden Eventspektakel, dem der geneigte Zuschauer live am Fernseher mitverfolgen darf. Letzte Woche konkurrierte der Wiener Opernball mit der Übertragung der Berlinale-Eröffnung, diese Woche nun also fand für mich ganz überraschend die deutsche Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest statt, der irgendwann im Mai im schwedischen Malmö ausgetragen wird.
Ich habe das gar nicht so genau mitbekommen, zumindest keine Trailer oder ähnliches gesehen. Erst gegen viertel vor neun schaltete ich den Fernseher an, gerade noch rechtzeitig um den Auftritt von Blitzkids mvt. zu sehen. Ein Glück, immerhin war das der beste Beitrag des Abends, danach ging es nur noch bergab und der Tiefpunkt wurde dann ganz klar mit Startnummer 12 erreicht.
Zugegeben, auch Blitzkids mvt. hatten Anfangs etwas zu kämpfen, die Stimme der Sängerin haute einen nun nicht gerade weg, wurde aber immer Laufe des Liedes immer besser und irgendwann entwickelt sich das Lied zu einem durchaus guten Stück Musik. Das Lied und auch der ganze Auftritt war in seiner übersteuerten Künstlichkeit durchaus zeitgemäss; ein bisschen Robyn mischt sich mit Lykke Li und alles wird massentauglich. Das Lied klingt so als könnte es auf dem Balkan ebenso gut funktionieren wie in den skandinavischen Ländern und in Osteuropa. Die Franzosen und die Spanier würden uns eh kaum Punkte geben, auf die kann man also nicht bauen.
Bei der Stimmabgabe polarisierten Blitzkids dann aber sehr, die Radiohörer mochten die gar nicht, die Fernsehzuschauer auch nur ein wenig, die Jury hingegen gab 12 Punkte. Dies lässt nun breite Interpretationsmöglichkeiten. Mary Roos, Roman Lobb, Anna Loos, Tim Bendzko und Peter Urban sind zwar eine teils fragwürdige Besetzung, aber immerhin kann ich ihre Entscheidung teilen, zumindest was den ersten Platz angeht.
Doch kommen wir endlich zur Gewinnerin des gestrigen Abends, die, die unser Land vertreten wird: Cascada. Schon beim Einspieler war ich leicht schockiert vom Versuch der Sängerin Fleischbällchen zu formen. Die Dame tat sich keinen Gefallen, weder mit dem Kochversuch noch mit dem Interior in dem das ganze stattfand. Was kann von jemanden erwarten, der eine rote Samtcouch sein eigen nennt? Es wurde aber noch schlimmer, den das Bühnenoutfit bestehend aus Glitzerkorsett und Superminirock mit Tüllschweif lies mich nur noch fassungslos dasitzen. Es wird wieder einmal klar, warum Stylisten dringend notwendig sind. Sie retten einfach bestenfalls auch das Publikum davor, die Geschmacksentgleisungen von 'Künstlerin' mit ansehen zu müssen. Cascadas Darstellung wirkte eher wie eine Parodie auf Britney Spears bei Switch statt wie eine Performance, die Deutschland zumindest europaweit vertreten soll.
Der Song selbst war auch nicht nach meinem Geschmack, ich mag diesen Eurodancemist nicht. Aber, und das lässt sich nicht verleugnen, Cascada ist ganz gut aufgestellt und durchaus Durchschnittsradiosender kompatibel. Und sie kann sowas wie singen. Das Lied ist so eine Bierzeltselbstfeierhymne, bei der schlecht blondierte Frauen gut mitschunkeln können. Vielleicht klappt es auch damit beim Esc?!
Und was gabs sonst noch? Anke Engelke's Outfit war super, nur um die Hüften spannte es etwas zu sehr. Loreen machte wieder einen Selbstfindungstanz. Lena wird Markenbotschafterin für Great Lenghts und bewirbt sich um eine Rolle als Lady Godiva. Blitzkids mvt. waren gestern Abend die einzig erträglichen.