2012/01/08

Le Roi Des Indescrets...


Unweit vom Theodor-Heuss-Platz im Berliner Westen liegt die Hölderlinstraße. An der Hausnummer 11 findet sich eine jener Porzellantafel, die zu Ehren berühmter Berliner Persönlichkeiten angebracht wurden und anzeigen, wer von wann bis wann in eben jenem Haus wohnte. Doch vor der Hausnummer 11 finden sich auch drei Stolpersteine. Die Steine und die Gedenktafel sind der selben Persönlichkeit gewidmet, dem Fotografen Erich Salomon.
Relativ spät, erst mit 39 Jahren kam Salomon zur Fotografie. 1886 wurde er in eine wohlhabende Berliner Bankiersfamilie hineingeboren, studierte in Berlin, München und Rostock und promovierte letztendlich in Rechtswissenschaften. Nachdem seine Familie inflationsbedingt ihr Vermögen verloren hat arbeitete Salomon als Börsenmakler und als Taxiunternehmer, bevor er 1925 zum Ullstein Verlag kam und zum ersten Bildjournalisten wurde. 
Aufsehen erregte er mit Bildstecken von Orten, an denen Fotografen meist nicht zugelassen waren. Er fotografierte Gerichtsprozesse, teils heimlich aus umgebauten Koffern heraus, und die großen Persönlichkeiten der Weimarer Republik. Auch auf dem internationalen Parkett war er unterwegs, in Genf fotografierte er Versammlungen des Völkerbundes und in Washington war er der erste Fotograf, der im Weißen Haus hat fotografieren dürfen. Seine Erziehung und seine stets korrekte Kleidung erleichterten ihm den Zugang zu den Gebäuden und den Menschen. "Was ist schon eine internationale Konferenz, wenn Salomon nicht dabei ist...", so Aristide Briand über Erich Salomon. 



Schon zu Beginn der 1930-er Jahre spürte Salomon, dass das politische Klima in Deutschland sich veränderte und emigrierte 1933 nach Holland, der Heimat seiner Frau. Er arbeitete weiter, unter anderem entstanden in dieser Zeit die Aufnahmen der niederländischen Königsfamilie, aber unter erschwerten Bedingungen. Als 1940 die Deutschen die Niederlande überfielen und annektierten, musste Salomon seine Arbeit aufgeben und ging in den Untergrund, wurde aber denunziert und verhaftet. Zuerst wurde er nach Theresienstadt deportiert und wahrscheinlich am 07. Juli 1944 zusammen mit seiner Frau und dem jüngeren Sohn in Auschwitz ermordet. Sein erstgeborener Sohn konnte nach London fliehen und wurde wie sein Vater Fotojournalist. 
1980 bot Otto Erich Salomon den fotografischen Nachlass seines Vaters der Berlinischen Galerie an, wo sich heute um die 10.000 Aufnahmen Salomon's befinden. Erich Salomon konnte noch vor der Deportation zumindest einen Teil seines Werkes in Sicherheit bringen, einen Teil hat er bei Freunden versteckt und einen anderen der Bibliothek des Niederländischen Parlaments übereignet. Nach dem Krieg bemühte sich sein Sohn das Erbe seines Vaters wieder zusammenzufügen.


2004 widmete die Berlinische Galerie dem Begründer des modernen Fotojournalismus eine große Retrospektive, Schirmer/Mosel veröffentlichte einen schön aufgemachten Bildband dazu. Diesen findet man noch in Antiquariaten, und es lohnt sich diesen in der Bibliothek zu haben.