2011/10/07

Chariots Of Fire...


Kennt ihr 'Chariots of Fire'? Habt ihr den Film schon einmal gesehen? Bei mir war es letzte Woche zum ersten Mal der Fall, es war einer der Filme die ich mir bestellt habe. Insgesamt zählt 'Chariots of Fire' zu den unbekanntesten unter den Filmen, die als bester Film mit einem Oscar ausgezeichnet wurden. Insgesamt gab es 1981 vier Statuen, unter anderem noch für das beste Original-Drehbuch und die beste Filmmusik. Zum vierten Oscar kommen wir später noch.
Filmmusik ist ein ja immer so ein Thema. Sie untermalt toll die Bilder, aber aus dem Kontext des Filmes herausgerissen ist sie zumindest für mich immer kaum ertragbar. Es gibt Radiosender, die packen diese gerne mit in die Klassiksparte, nur weil ein Orchester diese eingespielt hat. In Falle von 'Chariots of Fire' ist es noch ein klein wenig schlimmer; die Musik lässt sich gut für Sportsendungen missbrauchen und wird gerne zusammen mit Slowmotion eingesetzt. Vangelis hat sie geschrieben, und es war auch die erste am Synthesizer entstandene Musik, der man auf diese Weise einen 'künstlerischen Wert' zusprach. 

Eric Liddell's Sieg bei den Olympischen Spielen 1924

Harald Abrahams' Sieg bei den Olympischen Spielen 1924

Na ja, eigentlich ist die Geschichte auch ein bisschen Sportschau. Schließlich geht es ja im Grunde darum, dass zwei junge Männer das Ziel haben bei den Olympischen Spielen in Paris Gold zu gewinnen. Und am Ende dieses Ziel auch erreichen.
Die Geschichte von Harold Abraham (451) und Eric Liddell (419) wird weitestgehend parallel erzählt, einzige Schnittstelle in beider Leben ist der Sport und die Wettkämpfe, zu denen beide antreten. Harold, ein Jude aus reichem Elternhaus, studiert an einer Eliteuniversität. Er verliebt sich in die schöne Schauspielerin Sibyl Gordon, was aber mehr oder weniger eine Episode ist um den Film schillernder zu machen und einen weiblichen Gegenpart zu Jenny Liddell zu schaffen. Jenny ist die Schwester von Eric, und auch ein bisschen sein Gewissen. In beider Leben steht die Religion im Vordergrund, weshalb Eric Liddell auch den Spitznamen 'Der fliegende Pfarrer' abbekam. 
Abrahams und Liddell verbindet der Wille zum Sieg, wobei beide unterschiedliche Ambitionen haben. Bei Abrahams ist es vor allem der Kampf gegen das Establishment. Als Jude bleiben ihm viele Positionen im standesbewussten England verwehrt und durch seine sportlichen Siege, will er genau dagegen ankämpfen. Es geht im um Anerkennung. Bei Liddell hat man das Gefühl viel edlere Ziele stehen im Vordergrund seines sportlichen Ehrgeizes. Er handelt ein bisschen nach dem Motto, dass man mit Gottes Hilfe alles erreichen kann und sieht sich vor allem als Vorbild. In vielen Szenen des Filmes spricht er vor Arbeitern, vornehmlich so scheint es vor solchen die in Bergwerken arbeiten. Wenn man soweit gehen will, kann man dies sogar in den Kontext der Thatcher-Regierung und deren Wirtschaftspolitik einbetten, auch wenn der große Streit erst 1984/85 stattfand.
Am Ende des Filmes gewinnen beide Gold und treten durch Zufall nicht einmal gegeneinander an. Weil der Vorkämpfe zu den 100-Meter-Läufen an einem Sonntag stattfinden, will Liddell nicht teilnehmen und startet somit auf der 400-Meter-Strecke. Er gewinnt Gold. Abrahams auch, er läuft die 100 Meter. Der Film macht beide zu Siegern, keiner ist besser oder schlechter als der andere. 



Den vierten Oscar gab es für die Kostüme. Milena Canonero war bisher achtmal für den Oscar nominiert und gewann ihn insgesamt dreimal; 'Barry Lyndon' (Stanley Kubrick, 1976), 'Chariots of Fire' (Hugh Hudson, 1981) und 'Marie Antoniette' (Sofia Coppola, 2007). Aber auch für die Kostüme in 'Clockwerk Orange', 'Shining', 'Oceans Twelve', 'Der Pate III und 'Jenseits von Afrika' war sie verantwortlich. Sie meistert spielend die unterschiedlichsten Epochen. Allerdings zeigen die Auszeichnungen und Nominierungen, dass ihr das ausgehende 18. Jahrhundert besonders zu liegen scheinen. Gerade was die Kostüme betrifft, ist 'Marie Antionette' ein Meisterwerk. 
Bei 'Chariots of Fire' bildet sie ganz wunderbar die frühen 1920-er Jahre. Und gerade diese Zeit wird oftmals zu stereotyp interpretiert, die Zeit des Jazzage und der Flapperkleider ist noch nicht in allen Winkeln der Welt angekommen, meist sind die Kleider noch weit züchtiger als es ein paar Jahre später der Fall sein wird. Nun Sybil Gordon ist Schauspielerin natürlich sehr modisch, Jenny Liddell das sittsame Gegenteil.



Wichtiger aber noch sind die Herren deren Mode sich in drei große Bereiche aufteilen lässt: Sport, Freizeit, formell. Weiße und beige Short, dazu T-Shirts mit kleiner Knopfleiste oder Polos sind die Sportmode der Zeit. Der Jersey ist noch kein Modematerial, auch wenn Coco Chanel schon fleißig daran bastelt ihn gesellschaftsfähig zu machen. Vor allem in der Männermode wird er sich erst als T-Shirt in den späten 1940-ern zu etablieren beginnen, ausgelöst von den Filmrebellen James Dean und Marlon Brando. Vorher war das Material für Unterwäsche vorbehalten, oder eben für Sportkleidung. 
Bei der Freizeitmode unterscheiden sich die Looks von Abrahams und Liddell sehr stark, allgemein ist Liddel entweder im Tweedanzug mit Weste oder eben in Sportlooks zu sehen. Der Schotte entstammt wohl eher der unteren Mittelschicht und im Frack sieht man ihn nur einmal als den Prinzen von Wales trifft. Abrahams trägt in der Freizeit vor allem zu Beginn des Filmes jene Looks, die gemeinhin wie englischen Sportarten wie Cricket assoziiert werden; also weiße Pullover mit andersfarbigen Kanten, Clubkrawatten und helle Hosen. Ralph Lauren und GANT, bzw. so in der Art halt. Und er trägt wunderbare Wollanzüge, die allgemein weniger robust und feiner geschnitten wirken als die von Liddell. Auch im Frack und in formeller Abendkleidung ist er deutlich öfter zu sehen.


In der grandiosen Eröffnungsszene sieht man eine Menge junger Männer am Strand entlang rennen, der Sand bespritzt die hellen Outfits der Sportler. Besser hat Sportmode wohl nie ausgesehen, auch wenn man 1924 kaum mit technischen Innovationen aufwarten hat können, verglichen mit dem was Adidas, Nike und Co. heute so machen. Und trotzdem, besser geht's nicht. 
Miuccia Prada hat vielleicht den Film vor Augen gehabt, als sie für ihre Sommerkollektion 2009 fünf Outfits entwarf, die denen im Film durchaus ähnlich waren. 
Würden Eric Lindell und Harold Abrahams in 2011 Zuhause sein, könnten sie sich vielleicht mit den Kollektionen von Paul Smith und Burberry Prorsum ganz gut assoziieren. 

Paul Smith

Burberry Prorsum
Nun, der Herbst ist da und der Film ist die perfekte Unterhaltung für einen Sonntagnachmittag. Ich kann ihn wärmstens empfehlen, wegen der tollen Bilder und der schönen Kostüme. Und auch das mit der Musik von Vangelis ist schon ok, irgendwie passt sie ja ganz gut.

Bilder von hier, hier, hier, hier, hier und hier