Text: Gérard Straebel
Ob zart jungenhafter Flaum, verwegen anmutender Balkan-Dreitagebart, exakt getrimmte Voll(woll)version oder stolzer Wildwuchs à la Taliban oder Marx – als sekundäres Geschlechtsmerkmal des Mannes zeigt die Gesichtsbehaarung aktuell facettenreich den Willen seines Trägers zu Distinktion (wozu?), Rebellion (wogegen?) oder modischer Finesse (wofür?). So scheinen Depilationswerkzeuge der Firmen Gilette, Wilkinson, Braun oder Philips ausschließlich die Gesichtshaut dröger Beamter und mediokrer Führungs-nachwuchskräfte allmorgendlich babypopoweich zu schaben. Empfindsame Männer zeigen, was sie haben: Freiheit ohne Ende.
So zumindest macht es glauben, schlendert – nun gut – taumelt man durch die weltvernetzenden Bildertagebücher. „Men With Scruff“, „I Love Facial Hair“, „Scruff, Scruff and Beards“, „The Sound and The Furry“ (gesichtsbehaarte Musiker), „Beards and Bikes“ (bärtige Radfahrer) oder auch „Shawuat“ und „Ansiktshar“ zelebrieren haarige Zeiten.
Auf den Straßen und in den darauf und darunter fahrenden öffentlichen Verkehrsmitteln scheint Mann dem romantisierten Tragekomfort ebenso wenig zu entkommen. Als Zeichen von Macht möchte ihn der Träger heutzutage sicher nicht verstanden wissen. Auch nicht scheint Barttragen das LV-Brandmal der fabelhaften Welt der Anarchie. Es ist schlichtweg Ausdruck bisweilen zwanghaft unlässiger Gelassenheit, denn heraus- und heranwachsenden Bewusstseins moderner Männlichkeit. Eine Mode eben. Aber allemal schön anzusehen. So, nun aber genug Honig in den Bart geschmiert.
Bilder ebenfalls von Gérards Blog