2011/02/18

Else Lasker-Schüler - Grafischen Arbeiten...


Die Lyrikerin Else Lasker-Schüler dürfte allen aus dem Deutschunterricht bekannt sein, im Kunstunterricht werden ihre Arbeiten hingegen nicht behandelt. Im Hamburger Bahnhof, also im Museum für Gegenwartskunst, werden ihre grafischen Arbeiten nun in einer Sonderschau ausgestellt und dieser Aspekt von Lasker-Schülers Wirken nun gewürdigt.
'Jussuf von Theben' ist der rote Faden der sich durch ihr Leben, wie auch durch die gezeigten Blätter zieht. Jussuf ist das Alter Ego der Künstlerin, vielleicht sogar ihr Fluchthelfer in eine Phantasiewelt. Aus verschiedenen Quellen wie auch aus Fotos ist bekannt, dass Lasker-Schüler auch in ihrer Kleidung und Verhaltensweise dem Orient zugetan war. Ihre fantastischen, bunten Kostümierungen waren ihren expressionistischen Grafiken, also auch den Darstellungen Jussuf's, nah und wurden gleichzeitig von ihrer Umwelt belächelt.
Inspiriert durch die Künstler der Brücken, befreundet mit Franz Marc und letztendlich ihre Ehe mit Georg Lewin aka Herwath Walden, dem legendären Kunstförderen und Herausgeber des expressionistischen Zeitschrift 'Der Sturm' und Eigentümer der gleichnamigen Galerie, kommt sie nicht nur in Kontakt mit der künstlerischen Avantgarde des jungen Jahrhunderts, sondern entwickelt sich auch selbst zu einer herausragenden Persönlichkeit. Besonders Marc spornte sie an, ihre grafische Arbeit fortzuführen. Die Entwicklung von kleinen 'bekritzelten' Notizzetteln hin zu fast A4-großen farbigen Zeichnungen, teilweise auch Collagen, wird in der Ausstellung gut sichtbar.
Allgemein beweisen die Kuratoren ein gutes Händchen. Wandfarbe, Lichtsetzungen und Aufbau lassen die teilweise sehr kleinen Blätter gut wirken. Hinzukommen Exponate ägyptischer Kunst, die zeigen welchen Einfluss die Büsten und Reliefs auf Lasker Schülers Werk hatten. Die Gruppierungen der gezeichneten Figuren, deren nach Links ausgerichtet sein, wird nochmals verdeutlicht. Ebenfalls hilfreich ist eine Postkarte die Marc's 'Turm der blauen Pferde' zeigt. Die scheinbar wirre Häufung der Pferde übernimmt teilweise auch Lasker-Schüler, genauso wie sich ihre Sterne und Mondsicheln in seinen Bildern wiederfinden.



Am meisten beeindruckte mich, bzw. gefiel mir die Arbeit 'Indianerinnen'. Zum einen erinnert das Blatt an Ernst Ludwig Kirchner's Werke, sein Bild 'Postdamer Platz'. Andererseits zeigt es aber auch die Lust an Farbe und bunten Kostümierungen.





In einem Brief an Ernst Ginsberg schreibt Lasker-Schüler in den 1930-ern: "...wir dürfen uns mit Hitler keene Illusionen machen. Der is nich zu stürzen. Nur die Jeneräle! die Jeneräle! die sin unsere einzige Chance." Lasker-Schüler sah sehr deutlich, welche Zustände in Deutschland herrschten und emigrierte in die Schweiz. Nach einer Reise nach Palästina wird ihr die Wiedereinreise verweigert und sie emigriert vollends in das Land, das ihr zwar immer als Inspiration diente, in dem sie aber letztlich doch nie ankommt. Vielleicht weil die erschaffene Traumwelt und die Realität weniger deckungsgleich sind als erwartet? Einsamkeit wird zum massgeblichen Thema der letzten Jahre. Und auch Jussuf taucht nur noch selten in den Bildern auf, stattdessen gibt sie wieder was sie in ihrer neuen Heimat wahrnimmt.
Ihr künstlerisches Werk wird die Jahre des Nazi-Regimes nur unvollständig überstehen. Ihre Grafiken werden als entartet eingestuft und der Großteil gilt seit 1945 als verschollen. Die Ausstellung gibt nun einen kleinen Einblick in ein aussergewöhnliches Künstlerleben. Sie ist noch bis zum 01. Mai zu sehen, im Hamburger Bahnhof Berlin.