Natürlich ist nicht davon auszugehen, dass sich die großen Modehäuser bei der Ideenfindung für die im Herbst zu tragende Haute abgesprochen haben. Aber Louis XV. ist allgegenwärtig. Rokoko ist ein großes Thema, die Details reichen von subtilen Andeutungen bis hin zu wirklich Augescheinlichem, und trotzdem gelingt es allen Häusern diesen eigentlichen Inbegriff des Camp-Geschmacks so zu präsentieren, das es nicht nach Modeausstellung oder gar Karneval aussieht.
Raf Simons, mittlerweile so fest mit dem Haus verwachsen, dass man sich an die Zeit vor ihm nur schwer zu erinnern vermag, geht das Thema am konsequentesten an und zeigt neben Kleidern, die gepolsterten Hüften daherkommen und Pelzen, die selbst Katharina die Große hätten noch beeindrucken können, wunderschöne, an Justaucorps und 'Habit à la française' angelehnte Jacken. Fragil gestickte Blüten und Ranken zieren die Kanten dieser Jacken, und natürlich schließen sie auch die extrabreiten Ärmelaufschläge. Doch von noch größerer Kunstfertigkeit zeugt die Art des Schnittes, der die Schöße nach hinten 'wegfliegen' lässt. Gerade in Kombination mit den schlichten, leicht ausgestellten Hosen bekommen die Looks eine Modernität weit jenseits von Madame de Pompadour.
Was aber auch in der Kollektion zu beeindrucken vermag sind die teils bodenlangen, mit romantischen weiten versehenen Mäntel in der einen Gruppe und die mit den großen Krägen in der anderen. Hier wird dann doch noch einmal die Pre-Simons-Ära in Erinnerung gerufen, 1997 zeigte John Galliano ähnliches, allerdings theatralisch überspitzer.
Doch, wie schon erwähnt, Dior ist nicht das einzige Haus mit Spuren von Rokoko. Elie Saab zum Beispiel ist ja an sich schon kein Meister der Schlichtheit, allein die unzähligen Perlen und Blüten sprechen eine barocke Sprache. Ein Abendkleid mit Watteau-Falte gab es aber auch, und das war nicht nur deswegen ein Highlight der Kollektion. Ebenfalls von Opulenz zeugt Lagerfelds madonnenhaftes Brautkleid, welches aber eber gotisch als barock ist.
Mehr bei Style.com