Das vergangene Wochenende stand also ganz im Zeichen von John Galliano. Wäre die Geschichte nicht so verworen, könnte man sie fast als genialen Marketing-Coup des französischen Luxuslabels Dior bezeichnen. Als wollten sie allen mal schnell wieder vor Augen führen, dass Paris die Hauptstadt der Mode und des damit einhergehenden Dramas ist. Leider ist es aber doch weit weniger lustig. Egal wie die Geschichte ausgeht, der Ruf des Designers wird für immer zu recht oder eben zu unrecht geschädigt sein. Vor allem, weil in Zeiten des Internets und der Möglichkeit Meinungen und Gerüchte in Windeseile zu verbreiten, nichts mehr so einfach vergessen werden wird.
Ich gehe nun nicht davon aus, dass jemand noch nicht von der Geschichte gehört hat. Falls doch, hier die Kurzfassung. John Galliano soll angetrunken Gäste einer Bar beschimpft haben, rassistisches und antisemitisches soll dabei von ihm geäussert worden sein. Da Sidney Toledano, COE von Dior, dies nicht dulden kann, wurde Galliano wenige Tage vor der Pariser Modenschau bis auf weiteres suspendiert.
Verwunderlich ist an erster Stelle, dass Dior sehr schnell handelte, und zwar nicht gerade zu Gunsten ihres Designers. Normalerweise gilt doch für jeden das Recht und die Möglichkeit sich zu Anschuldigungen äussern zu dürfen bevor solch entscheidende Schritte eingeleitet werden. Dior lässt Galliano aber im Regen stehen und verurteilt ihn noch bevor alle Zusammenhänge wirklich aufgeklärt sind. Für Aussenstehende kommt das einem Schuldspruch gleich. Und dabei gibt es schon seit Freitag mehrere widersprüchliche Aussagen. Sie klingen nicht weniger plausibel als die Anschuldigungen des beschimpften Paares.
Warum also ist Dior so schnell mit einem Urteil, und so vehement? Natürlich dürfen Firmen nicht tolerieren, wenn Mitarbeiter rassistische oder antisemitische Äusserungen tätigen und somit den Ruf der Marke schädigen. Aber John Galliano ist doch damit sicherlich kein Einzelfall, nur wird hier mit zweierlei Mass gemessen. Klar ist es richtig dem Designer erstmal eine Pause nahezulegen, vielleicht eine Kur oder 'Rehab'. Aber Galliano vor aller Welt in dem Masse bloß zu stellen, ihn wenige Tage vor der Schau freizustellen, ist in meinen Augen kaum die richtige Lösung.
Was aber wenn Dior den Vorfall nur vorschiebt und wie gemutmasst wird John Galliano loshaben will? Es wäre doch der schlechteste Zeitpunkt den man sich vorstellen kann. Am 04. März findet, zumindest war es so geplant, die Ready-to-wear-Show von Christian Dior statt. Kann es sich das Label leisten ohne Galliano zu zeigen? Kaum vorstellbar wo Dior ohne Galliano heute stehen würde, schließlich hat er die Marke in eine neue Ära geführt. Vor allem ist seine Leistung für die Haute Couture nicht in Worte zu fassen. Der Designer versteht das Handwerk und feuert Saison für Saison neue Mode-Raketen in den Sternenhimmel. Es wimmelt nicht gerade von passenden Nachfolgern, zumindest gibt es kaum Designer auf dem Markt, die die Form von Opulenz wie sie bei Dior praktiziert wird und auf der der Erfolg des Labels gründet, überhaupt zu Stande bringen könnten.
Ganz persönlich finde ich die bei Sleek Online veröffentlichte Geschichte sehr glaubhaft. Ich würde Galliano auch zutrauen die Tasche der Dame (und sie selbst) als hässlich bezeichnet zu haben, aber ist das antisemitisch oder rassistisch?
Nachtrag 28.02.2011: Horstson hat vor wenigen Minuten ein Video veröffentlicht. Galliano's Verhalten darin ist vollkommen inakzeptabel und rückt die bisherigen Vorwürfe in ein vollkommen anderes Licht. Es wird nun noch spannender, fast ein Modekrimi in mehreren Teilen!
Nachtrag 28.02.2011: Horstson hat vor wenigen Minuten ein Video veröffentlicht. Galliano's Verhalten darin ist vollkommen inakzeptabel und rückt die bisherigen Vorwürfe in ein vollkommen anderes Licht. Es wird nun noch spannender, fast ein Modekrimi in mehreren Teilen!
Nachtrag 01.03.2011: Ganz offiziell wurde nun bekanntgegeben, dass John Galliano nicht mehr für das Haus Dior tätig ist. Klarer ausgedrückt, er wurde gefeuert. Nach dem auftauchen Video's und einer weiteren Anzeige wegen ähnlicher Äusserungen die er im vergangenen Jahr tätige, ist dies eine logische und nachvollziehbare Konsequenz.