2011/02/21

Alpenvorwand...


Thomas Adler wurde schon mehrfach hier erwähnt, unter anderem ist er oft mein Begleiter auf Vernisagen. Auch sein Blog Doppelganger's Diary wurde schon des öfteren empfohlen. Nun ist es aber an der Zeit ihn als Fotografen und Künstler vorzustellen. Speziell die Arbeit 'Alpenvorwand' ist Mittelpunkt eines kurzen, aber sehr spannenden Interviews.

Wann und in welchem Rahmen ist die Serie entstanden?
Die Serie ist 2005 zusammen mit Nicole Wolf und Sibylle Windisch an der Bauhaus Universität Weimar entstanden, im Projekt Every Day Inventory* bei den Professrinnen Christin Hill
und Ursula Damm.

Christin Hill ist selbst auch Künstlerin, sie zeigte bereist auf der Documenta 10 und ist vertreten durch Eigen+Art und . Hat sie deine Arbeit beeinflusst?
Ich denke als Student einer Kunststudienganges wird man immer von seinen Professoren und deren Schaffen beeinflusst. Jedoch ist dieses Projekt in meinem ersten Semester entstanden und ich kannte Prof. Hill und ihre Arbeiten noch nicht so gut. Doch Nicole und Sibylle hatten schon in früheren Projekten Erfahrung gesammelt, was bei diesem Projekt zu vielen Diskussionen führte. Aber die Beiden haben mich in die passende Richtung gelenkt, was dazu führte, dass ich bis zum Ende meines Studiums nahezu jedes Semester ein Projekt bei Prof. Hill belegte und sie auch meine Abschlußarbeit Welt der Meister betreute. Mit den in dieser Zeit entstandenen Arbeiten kann ich mich noch immer sehr gut identifizieren.


Du hast in Weimar studiert, Herr Weiß lebt in Bamberg. Wie seit ihr auf ihn aufmerksam geworden?
Circa ein halbes Jahr bevor das Projekt angeboten wurde, war ich in Bamberg bei einer Freundin zu Besuch Wir gingen auf verschiedene Studenten-Partys, es waren drei an diesem Abend. In einem Hausflur machte Herr Weiß zufällig seine Wohnungstür auf und bat uns herein. Sofort war sehr großes Interesse meinerseits da. Ich sagte ihm das auch sofort und er zeigte mir, wie bei einer museumsführung seine ganze Wohnung.
Dann wurde das Projekt von Prof. Hill und Prof. Damm angeboten und nach längerem Überlegen mit Nicole und Sibylle ist mir Herr Weiß wieder eingefallen. Schnell war klar, die Geschichte hat großes Potenzial! Wir sind also nach Bamberg gefahren und haben ihn besucht und gefragt, ob wir ein Portrait über ihn und seine besondere Sammelleidenschaft anfertigen dürfen. Er hat zugestimmt und die Fotografien zu Alpenvorwand sind entstanden.

Die Reihe konterkariert fast die aktuell sehr beliebten Interior Webseiten. Was unterscheidet deine Arbeit?
Aus heutiger Sicht würde ich nicht mal sagen, dass sie sich sehr von aktuellen Interiorfotografien unterscheidet. Jedoch wurde man 2005 noch lange nicht so beeinflust, wie das heute der Fall ist. ich kannte Interiorfotografie nur aus Zeitschriften wie Schöner Wohnen, wobei wir uns sehr an dem Buch "Das Buch vom Wohnen" (Hrsg. TSCHIBO in zusammenarbeit mit Schöner Wohnen, Orbis Verlag 1977) orientiert haben. Fokus lag bei unserer Arbeit natürlich auf der ungewöhnlichen privaten Sammlung und dem portraitieren des Sammlers Edmund Weiß wie er in seiner Wohung lebt.



Es gibt ein Buch welches die Arbeit zusammenfasst. War je geplant die Arbeit zu veröffentlichen oder auszustellen?
Das Buch war das eigentliche Ziel der Arbeit. Wir hatten vorher noch an keinem Buchprojekt gearbeitet. Wichtig war uns auf hohem Qualitätsniveau und mit einer sehr kleinen Auflage von 16 Stück zu arbeiten. Und ich denke es ist uns mit Alpenvorwand auch gelungen. Ausgestellt wurde die Serie 2005 bei der Jahresschau in der Dachgalerie der Bauhaus Universität Weimar. Dort fand sie nicht nur unter den Studenten großen Zuspruch.
Da Herr Weiß uns jedoch gebeten hatte mit der Arbeit diskret umzugehen, gab es keine weiteren Überlegungen zu einer Veröffentlichung.


Woran arbeitest du momentan?
Ich habe seit fast einem Jahr einen Foto-Blog der sich stark am Blog "Terry Richardson's Diary" orientiert. Diesen speiße ich mit tagebuchartigen Fotografien über mich, meine Interessen und mein Umfeld. Aber auch mit eigenen älteren Arbeiten wie zum Beispiel Alpenvorwand.

Diese und weitere Arbeiten von Thomas Adler gibt es hier

*Eigentlich soll es ums Aufräumen gehen. Das können einige gut, für andere ist es ein Greuel. Es gibt Vermutungen, dass Menschen, die innerlich gerade ein Unordnung sind, nach äusserer Aufgeräumtheit verlangen, während unordentliche Menschen angeblich kreativ seien. Dieses Projekt wendet sich an beide Spezies! Denn es wird um beides gehen, um das Auffinden und Entdecken der Schönheit chaotischer Sammlungen von Alltagsgegenständen sowie um Versuche,Ordnung in das Ganze zu bringen. Was unterscheidet Sperrmüll von Datenmüll? Warum müssen wir im Computer ständig Chaos oder Zufall programmieren, um unsere Programme ans Laufen zu bringen? Wieviel Unordnung braucht der Mensch? Im Projekt sollen Strukturen des Alltags, ihre Überlagerung und ihr Kollabieren untersucht und in analoger und digitaler Weise bearbeitet werden. Dabei wird es um die Frage gehen, inwieweit durch die digitale Durchdringung des Alltags neue Voraussetzungen für unser individuelles Erfahren geschaffen werden. Das Projekt bietet Bachelor Studierenden die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln mit Ordnungsstrukturen, indem man bei dem anfängt, was gewohnt ist: die alltägliche Umgebung.