2012/06/24

Diane Arbus Im Martin Gropius Bau, Und Der Berliner CSD Davor...


In Berlin schließt eine große Fotoschau an die nächste, seit Freitag sind über 200 Arbeiten der Fotografin Diane Arbus im Martin Gropius Bau zu sehen. Viele davon sind bekannt, wie der Junge mit der Spielzeughandgranate oder die eineiigen Zwillige, andere waren so noch nie zu sehen. Beeindrucken tun sie alle durch ihre Intensität und Nähe, und vor allem durch die ungeschönte, klare Aussage.
Diane Arbus startete ihre Karriere mit Modefotografie in den 1940-er und 1950-er Jahren, unter anderem war sie für verschiedene Condé Nast Titel tätig, doch davon ist in der Schau nichts zu sehen. Einzig ein paar Berühmtheiten wie Norman Mailer finden sich unter den Bildern, ansonsten sind es Menschen aus verschiedenen Welten. Arbus war fasziniert von den zu jener Zeit als abnormal geltenden, denen die ausserhalb dem lebten was allgemein als 'normal' galt. Transvestiten, Zirkusleute und Behinderte zeigte sie, und auch in Nudistencamps lichtete sie Paare ab. Wie diese Bilder vor 50 Jahren gewirkt haben mögen, kann man sich kaum vorstellen. 
Skurril wirken aber auch jene, die damals die Gesellschaft darstellten – Frauen rauchend in Kaffee's mit toupierten Haaren und Ballgäste mit Masken und dicken Schmuckstücken. In den Bildern wird eben auch sichtbar, wie sich Mode verändert und wie diese wahrgenommen wird. Die Verkleidungen von Transvestiten und die Bekleidung und das Make-up reicher Frauen auf der Fifth Ave. um 1965 sind nicht so unterschiedlich, wie man vermuten würde.
Bis Ende September ist die Ausstellung noch zu sehen. Doch während es gestern ziemlich entspannt war, würde ich vermuten, dass sich die Schau zu einem Publikumsmagneten entwickeln wird. Gerade weil das Interesse an Fotografie immer mehr zunimmt und es sich bei Diane Arbus um eine der großen Fotogarfinnen des 20. Jahrhunderts handelt. 


Ein wenig überrascht wurden wir dann vom direkt vor der Tür vorüberziehenden CSD. Das Drinnen und das Draußen vermischten sich plötzlich auf merkwürdige Art und Weise, einige der Figuren auf den Bildern von Diane Arbus schienen zum Leben erwacht zu sein. 
Zum ersten Mal in meinen 6 1/2 Berliner Jahren habe ich einen Umzug gesehen. In den Jahren vorher habe ich immer Arbeiten müssen, was ich auch keinesfalls schlimm fand. Auch in diesem Jahr hätte ich es wieder ignoriert, wäre ich nicht so zufällig reingeraten. Der Berg kam quasi zum Propheten. Auf den Stufen des Martin Gropius Baus hatten wir dann auch eine gute Sicht auf das Treiben, ohne mittendrin sein zu müssen. 
Wie nicht anders erwartet war die Parade eine riesige Werbeplattform für Erotikmessen, Sexversandhäuser und Parteien. Die SPD da zu treffen ist wenig verwunderlich, von der aggressiven Vorgehensweise der FDP war ich aber schon überrascht. Die feuerten mit Wucht und ohne Rücksicht Pappbriefchen mit Botschaften in die Menge, welche hätten ins Auge gehen können. Mich haben sie am Hals getroffen, das tat den ganzen Nachmittag lang noch weh. Fakt ist, dass es sie nicht sympathischer machte.
Hin und wieder konnte man aber auch wirklich noch etwas von einer wirklich politischen Botschaft mitbekommen. Vor allem kleinere Gruppen nutzen den Zug um zum Beispiel gegen die Verjährungsfristen sexualisierter Gewalt oder für mehr Gleichstellung zu kämpfen. Aber die wurden leicht übersehen zwischen all dem bunten Glitzer.


Für viele Besucher steht die Kostümierung und der Spass im Vordergrund, was auch durchaus legitim ist, aber mit einer politisch motivierten Demonstration nicht viel zu tun hat. Die üblichen Drag-Queen's und schillernden Samba-Chica's waren natürlich vor allem von der Partie, aufregend waren aber die wenigsten davon. Einzig die beiden Herren mit Anzug und Blumenmasken stachen nicht nur heraus, sondern hatten tatsächlich etwas fashionables...