In China leben 1,3 Milliarden Menschen von denen knapp eine Million mindestens 1,5 Millionen auf dem Konto haben. Es ist also nur folgerichtig, dass Luxusmarken diesen Markt erschließen wollen und um diese neue, konsumfreudige Kundschaft buhlen. Fendi lässt da schon mal die Große Mauer in einen Laufsteg umwandeln und vor wenigen Stunden trat nicht nur die britische Band Keane in Peking aus, eingeflogen von Burberry, sondern es schneite auch ein bisschen. Den Chinesen soll so Lust auf die kommende Kollektion gemacht werden, Entertainment für Augen und Ohren war angesagt.
Erst in der vergangenen Woche gab die chinesische Führung bekannt, dass Luxusmarken fortan nicht mehr öffentlich für ihre Produkte werben dürfen. Laut Spiegel Online dient das Verbot dazu, die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich nicht noch zu vertiefen, bzw. den ärmeren Schichten nicht noch vor Augen zu führen, was sie sich nicht leisten können. Doch ist das nicht in allen kapitalistisch ausgerichteten Ländern so?
Sicherlich werden morgen die chinesischen Zeitungen voll sein mit Berichten über das Event. Wer den Livestream verfolgt hat (Vielen Dank an Horstson für die einwandfreie Übertragung!) konnte vor der Show die Gäste sehen. Nun kannte ich war kein einziges Gesicht, aber sicherlich war die gesamte Film- und Fernsehwelt Chinas eingeladen. Und die Persönlichkeiten wurden auch nicht müde über die Marke und das Event zu sprechen. Auch wenn ich kein Wort verstehe, so habe ich doch die Begeisterung für die geliehenen Kleidungsstücke heraushören können. Logischerweise werden in den Tagen die Umsätze in den Boutiquen mächtig ansteigen und allen wollen haben, was Frau X und Herr Y da auf dem roten Teppich getragen haben. In Zukunft werden sicherlich noch mehr dieser Events stattfinde, schon gar weil man eben darauf angewiesen ist andere Medien zur Verbreitung der Markenbotschaften zu nutzen als schlichte Werbewände.
Nun möchte ich aber auch einmal über Veranstaltung sprechen, denn es wäre unfair gegenüber Burberry nicht zu erwähnen, was sie sich großartiges ausgedacht haben. Es wurde nicht einfach einen Modenschau veranstaltet, sondern ein multimediales Spektakel inszeniert.
Auf unzähligen Leinwänden, rechts und links und oben, wurden die unterschiedlichen Segmente und Linien von Burberry präsentiert. Los ging es mit den klassischen Trench, danach folgten Burberry London und Brit, sowie die April-Showers-Sachen. Das Highlight bildete natürlich Burberry Prorsum, hier war die Präsentation auch am nächsten an der wirklichen Show dran.
Zur Musik von Dusty Springfild lösten sich virtuelle Models in Schneeflocken auf oder verwandelten im vorbeigehen ihre Jacken in Mäntel. Zum Schluß standen dann fünf wirkliche Models auf dem Laufsteg und Christopher Bailey sprang in gewohnt kecker Manier auch mal kurz auf die Bühne. Danach ging dann unter lautem Applaus der Auftritt von Keane los.
Man kann nun dieses Spektakel als das sehen was es ist, nämlich als schöne Inszenierung und gelungene Umsetzung einer Markenpräsentation, um einem hungrigen Publikum den Luxus zuzuführen, der sich ihm erst in den letzten Jahren erschließt. Und es ist auch ein Stück weit eine Zusammenführung britischer und chinesischer Kultur, schließlich stand das Verhältnis beider Länder nicht immer unter einem guten Stern.
Gleichzeitig nutzen aber Marken ihre Macht nicht um auf politische Missstände aufmerksam zu machen. Wobei diese Kritik nicht nur an Burberry gerichtet ist, sondern so gut wie alle Marken betrifft. Sie sehen in den Chinesen nur potenzielle Kunden und lassen Gelegenheiten verstreichen um Stellung zu beziehen. Es ist klar, dass nicht plötzlich eine Botschaft wie 'Free Ai Weiwei' oder 'Free Liu Xiaobo' eingeblendet wird. Aber warum eigentlich nicht? Was sollte schließlich schon passieren, mehr als des Landes verwiesen werden würden sie wohl kaum als britische Staatsbürger...
Bilder: Screenshots von Burberry