Text von Horst Meier
Mein Verhältnis zu synthetisch hergestellten Düften ist ambivalent. Einerseits erinnere ich mich noch gut an die aufgebrezelten Parfumvertreterinnen in Kaufhäusern, wenn ich meine Mutter beim Einkaufen begleitete. Obwohl ich damit nicht wirklich etwas anfangen konnte, schätzte mich meine Mutter schon als 8-Jähriger für die schonungslose Meinung. Ein guter Duft ist als solcher nicht wahrnehmbar und verbindet sich mit dem Träger - schon damals wurde klar, dass ich Subtilität und Minimalismus liebe. Und grade deswegen war ich vielleicht auch von der Exuberanz der Duftwolke der Verkäuferinnen fasziniert - weil es eben zu viel war, viel zu viel. Diese Dekadenz hatte auch ihren Reiz und ich war ein wenig in die Verkäuferin verliebt, die auch sonst nicht mit Makeup geizte. Meine Mutter verwendet nun seit ungezählten Jahren 24 Faubourg Hérmes - und jedes Jahr schenke ich ihr einen neuen Flakon.
Ich liebe Flakons und ihr Design. Eine reiche Tante hatte monströse Riesenversionen berühmter Düfte zuhause, meine Oma besitzt einen Duft, dessen Flakon an Dalí erinnert und eine Nase mit einem überproportionierten Schmollmund vereint. Meiner Schwester habe ich nun aus Paris einen Duft mitgebracht, für den ich mich auf Verdacht entschied, und den sie nun über alles liebt - weil er einfach funktioniert: Eau Mega von Viktor & Rolf. Allein der Name verdient bereits Huldigung. Der Duft unterstreicht die innere und äußere Schönheit meiner Schwester - und der Flakon zitiert die klassische Parfumform mit Zerstäuber.
Mein eigenes Leben besitzt nur wenig Berührungspunkte zu Düften. Bis ich vor einem Jahr Diptyque entdeckt habe. Seitdem benutze ich L'Eau Trois. Aber immer nur dann, wenn ich mich danach fühle. Ich bin gerne nackt - auch in Bezüg auf Düfte. L'Eau Trois funktioniert, da es ein schwerer, sehr alter Duft ist. Er verbindet zahlreiche Gewürze, Holz, Weihrauch und umweht die Aura eines verschwitzten gestandenen Mannes. Der absolute Kontrast zu mir. Leider wird der Duft nicht länger produziert, da die Zusammenstellung der kostbaren Ingredenzien zu aufwändig wurde.
Seitdem ich mich mit Düften stärker auseinandersetze ist meine Sammlung um einen weiteren Duft gewachsen: Byredo's Fantastic Man. Als ich den Flakon aus seiner Verpackung nahm, war dies bereits ein Erlebnis für alle Sinne. Der Karton enthält einen kleinen Briefumschlag mit Kärtchen, dass zur Entscheidung gratuliert. Olfaktorisch lässt sich der Duft für mich schwer in Kategorien fassen. Er ist leichter, nicht blumig, nicht süß, nicht synthetisch. Es ist irgendwie alles und nichts. Und das trifft doch mein Verhältnis zu Parfums am besten.
Horst Meier heißt eigentlich anders, betreibt aber als Horst den Blog Lynn&Horst. Er ist der Einzige der mich bisher dazu gebracht hat, ohne Hose und nur in einem nassen Unterhemd mit Photobooth rumzuhantieren. Und nicht nur die GQ ist der Meinung, daß er den besten Männermodeblog Deutschlands macht.
Bilder 5 stammt aus Horst's Facebook-Fotoalbum