Liest man heute bei Twitter und Facebook rein, oder schaut sich die Fotos einschlägiger Modeleute bei Instagram an, so beherrscht heute eigentlich hauptsächlich ein Thema diese Seite: Mailand ist vorbei, rein in den Flieger und ab nach Paris. Der Modezirkus hat seine Zelte abgebrochen und einer Klassenfahrt nicht ganz unähnlich geht es eben gemeinsam in die nächste Stadt, um sich dann neben den selben Leuten sitzend die selben Models auf den Laufstegen anderer Marken anzusehen. Was bleibt also hängen von Mailand?
Gleich am Samstag konnte mit einem 'Skandal' aufgewartet werden, der gerade für die deutsche Presse nicht allein deshalb Futter bot, weil ein paar Berliner Mitdreißiger diesen initiierten, sondern weil man dann eben glücklicherweise nicht über die Mode schreiben muss. Nacktes Fleisch verkauft sich eben besser als auf T-Shirts gedruckte römische Ruinen. Domenico Dolce und Stefano Gabbana sollte diese Geheimwaffe eigentlich bekannt sein, aber in den letzten Jahren haben immer mehr Sizilienträumereien den Sex abgelöst. Der Flitzer könnte ein Weckruf gewesen sein. Und für noch eine Tatsache muss man eigentlich Dandy Diary dankbar sein, schließlich wissen wir nun, dass man eigentlich am Einlass nur den Namen eines wichtigen Moderedakteurs nennen muss, 'Tobias Frericks' wird wohl eher nicht mehr funktionieren, schon ist man in der Schau.
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Umit Benan |
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Ermengildo Zegna |
Aber am Ende geht es doch um Mode, auch wenn diese zwischen der ganzen Selbstdarstellung und Eigenvermarktung etwas unterzugehen scheint. Gerade die in Mailand zeigenden Marken nehmen diese als Geschäft wirklich ernst und lassen sich selten auf Extravaganzen ein. Modische Erleuchtungen gab es kaum, aber viele positive Überraschungen. Zu meinen ganz persönlichen Favoriten zählen die Kollektionen von Gucci (Headerbild), Pilati's erste für Ermengildo Zegna und der Ausflug an den Bosporus auf den wir Umit Benan haben begleiten dürfen.
Gerade Gucci hat sich in letzter Zeit immer etwas zu sehr um die eigene Achse gedreht und immer wieder eigene Geschichte zitiert. Nun aber scheinen die Jetset-Anleihen zumindest mal für eine Saison zu pausieren und Frida Giannini erfreut das Konsumentenherz mit melancholischen Blumendrucken, die auch gerne zueinander kombiniert werden. Aus der Sportbekleidung sind dann die schmalen Hosen entlehnt, die allerdings wirklich gute Beine voraussetzen, und die Windbreaker mit funktionalen Taschen. Die waren auch mal eine Alternative für die bei den Deutschen so beliebten Outdoormarke mit dem Tatzenzeichen.
Umit Benan bedient mit seiner Kollektion meine Vorliebe für lange, orientalische Hemden, die unter Jackets getragen werden. Diese Looks haben es allerdings schwer, weil sie tatsächlich nicht verstanden werden und sobald etwas länger als Mitte Oberschenkel ist fühlt Mann sich hierzulande schon fast seiner Männlichkeit beraubt. Blödsinn ist das natürlich, aber durchaus leider eine Tatsache. Nichtsdestotrotz, diese Kollektion zeugt nicht nur von Benan Sahins handwerklicher Könnerschaft, klassischer Tailoring ist die Grundlagen jeder Kollektion, sondern auch von einem dandyistischen Umgang mit inneren und äusseren Grenzen. Toleranz und Weltoffenheit hier verstofflichte Leitmotive, gerade in Hinblick auf die aktuellen Geschehnisse in Istanbul.
Mein dritter großer Favorit der vergangenen Schauen ist ganz klar Ermengildo Zegna gewesen. Immerhin ist es auch die einzige Kollektion gewesen, die einen eigenen Post bekommen hat. Hier gibt's zu lesen, warum ich die Kollektion mag.
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Jil Sander |
Jil Sander zeigte am vergangenen Sonntag ihre dritte Kollektion nach Rückeroberung der von ihr gegründeten Marke. Zu zweit haben wir den Livestream geschaut und war dann auch vollkommen anderer Meinung. Während mein Freund Michael die Kollektion gelungen bis großartig fand, war ich ein bisschen zwiegespalten. Vieles von dem Gezeigten war mir etwas zu fad, erinnerte etwas zu sehr an die Kollektion vom aktuellen Sommer. Glücklicherweise gab es keine gehrocklangen Westen mehr, diese wurden durch Jackets mit dreiviertellangen Ärmeln abgelöst, an den vielen Bermudas hat sich nichts geändert. Immerhin hat es Frau Sander nicht geschafft sie als Massengeschmack 2013 zu etablieren, vielleicht also für 2014.
Die Apokalypse bei Prada erkennt man weniger durch die Männersachen, vielmehr in den 1940-er Kleidern der eingestreuten Damen. Pearl Harbor war wahrscheinlich weniger Schick und wenn die Kampfhubschrauber mit Wagners Wallkürenritt dem Sonnenutergang entgegen fliegen verliert dieser auch jegliche romantische Anmutung. Und genauso war die Kollektion von Prada, ein unter der schönen Oberfläche brodelnder Vulkan.
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Prada |
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Z Zegna |
Auch bei Z Zegna brodelte es, allerdings eher unter den Füssen der Models. Der Laufsteg war mit spitzem kies belegt und machte es den Jungs augenscheinlich nicht leicht vernünftig darauf zu gehen. In den schmalen Sandalen sah es genauso anstrengend aus, wie in festem Schuhwerk. Ein Nachteil den Videos gegenüber Bildern haben ist, dass solche Details dann ins Auge fallen und damit die Kollektion selbst etwas an Reiz verliert. Insgesamt setzte Paul Surridge aber mit seiner sehr futuristischen Kollektion nicht auf ein sicheres Pferd, sondern etabliert Z Zegna immer mehr als jungen und modernen Gegenpart zum eher traditionellen Mutterhaus.
Nun gilt es abzuwarten was die Pariser Kollegen zu bieten haben um vorauszusehen was 2014 für ein Sommer wird. Und natürlich kann man erst dann wirklich sagen können, was wirklich von den im schönen Juni 2013 gezeigten Klamotten in die Läden kommt, geschweige dem an des Mannes Körper. Der Flitzer wird dann nur eine Episode sein, an die man sich höchsten am Rande erinnern wird...
Bilder via Style.com