Juni ist Urlaubsmonat, wie schon im letzen Jahr freue ich mich auf drei freie Wochen. Diesmal geht nicht an die See, sondern in die Berge. Südtirol ist das Ziel, abgelegen auf 1.600 Metern Höhe liegt unser Hotel und bietet dort nichts als Landschaft, gutes Essen und viele Ruhe zum entspannen und erholen. Es bleibt also viel Zeit zum lesen, und natürlich ist Platz für Bücher schon im Gepäck einkalkuliert.
Doch von den hier kurz vorgestellten Exemplaren sind bis auf zwei alle schon gelesen. Sie sind somit als eine geprüfte und für gut empfundene Empfehlung zu verstehen. Einzig Stefan Zweig und Miklós Bánffy werden mich begleiten. Beide bieten mit ihren knapp 500 bzw. 800 Seiten genug Stoff für zehn Tage. Und schließlich soll ja auch noch ein wenig Zeit zum wandern und zum Faulenzen am Pool bleiben. Ja, einen solchen gibt es oben auf dem Berg auch...
Vor dem Wiesbadener Literaturhaus gibt es einen Vitrinenschrank mit Bücher zu tauschen und sich gegenseitig ausleihen. Als es darum ging die eigenen Regale zu beräumen nutze ich diese Möglichkeit und konnte mit unseren Büchern hoffentlich jemanden eine Freude bereiten. Gleichzeitig und ganz ungeplant nahm ich wiederum Thomas Mann's 'Königliche Hoheit' mit nach Hause, was mich mehr als überraschte und sich als gut zu lesende Lektüre herausstellte.
Das Buch ist nun weniger ein herausragendes literarsches Meisterwerk, eher ist ein es bisschen vorhersehbar und gut auf ein Happy End hin kalkuliert. Aber es ist auch eine schöne Geschichte, die nicht nur den Nerv des frühen 20. Jahrhunderts getroffen haben mag, sondern auch tatsächlich Realitäten beschreibt. Dollarprinzessinnen haben schließlich so manches Adelshaus vor dem Ruin gerettet und gleichzeitig das neue Geld aus der Neuen Welt gealdelt.
Karl Lagerfeld hat manchmal einen nicht sehr guten Geschmack, wie sonst kann man Eduard von Keyserling's 'Landpartie' überhaupt wieder aus der Versenkung holen, in diese Geschichte zurecht verschwunden ist? Einzig die hübsche Aufmachung, schließlich ist das Buch bei Steidl erschienen, rechtfertigen den Kauf und den Besitz.
Gabriel Garciá Márquez ist eine Art südamerikanischer Nationaldichter, dessen Tod vor wenigen Wochen in seinem Geburtsland Kolumbien sogar eine dreitägige Staatstrauer zur Folge hatte. Seine 'Chronik eines angekündigten Todes' fand ich ebenfalls in der Vitrine vor und hat Lust auf weitere Werke des Autoren gemacht.
(Am kommenden Dienstag wird der Film von 1986 gezeigt, ich habe große Lust ihn zu sehen.)
'Das finstere Tal' von Thomas Willman wurde im vergangenen Jahr verfilmt und mit vielen Preisen überhäuft. Gesehen habe ich den Film noch nicht, aber das Buch gelesen. Willman hat einen Alpenkrimi geschrieben, der durchaus Abgründe offenbahrt, vielleicht aber auch das ein oder andere Vorurteil über das Leben in der Abgeschiedenheit der Bergwelt aus der Mottenkiste holt.
Ein junger Mann kehrt in das Bergdorf zurück, aus dem seine Mutter vor seiner Geburt hat fliehen müssen und in den sein Vater martialisch ermordet wurde. Schnell begreift der Leser, dass es sich um einen Rachefeldzug handelt, der noch das ein oder andere Opfer fordern wird.
Spannend ist das Buch durchaus, allerdings sind gerade die ersten hundert Seiten eine Herausforderung, die man überwinden muss bis die Geschichte wirklich Fahrt aufnimmt. Aber im Urlaub hat man ja Zeit genug und die gerade die Berge Südtirols bieten die perfekte Kulisse für Willmanns Roman.
Österreich wurde keinesfalls von Hitlerdeutschland überrumpelt, sondern viele haben 1938 den Anschluss mehr als beführwortet. Schon den Jahren zuvor wurden Juden suksesive aus öffentlichen Ämtern verträngt oder bei den Vergaben von Ämtern übergangen. Franz Werfel's Romanfigur Leonidas zeigt in seinem Denken und Handeln genau auf, wie der Beamtenapparate vor dem Anschluss funktionierte und durchaus dem deutschen Nachbarn zu gefallen versuchte.
Ein Brief, den 'Eine blaßblaue Frauenschrift' zierte, bringt dann kurz sein Leben aus den Fugen und schüttelt seine Ordnung durcheinander. Aber nur kurz, dann kann es ohne große Störungen weitergehen...
Gerade einmal zu einem Drittel habe ich Stefan Zweigs Erinnerungen an 'Die Welt von Gestern' gelesen, in denen er Städte, Menschen und Ansichten beschreibt, die zur Zeit des Entstehens des Buches längst der Vergangenheit angehörten.
Auch das Siebenbürgen von Miklós Bánffy ist längst untergegangen, doch der Autor, Landedelmann und Diplomat lässt es noch einmal auferstehen und in blumigen Bilder erstrahlen.
Die Bücher im Mai sind geprägt von vergangene Zeiten und spiegeln meine ganz persönliche Vorliebe wieder für Literatur, die im frühen 20. Jahrhundert angesiedelt ist. Noch besser ist sogar, wenn Wien und das untergegangene Kakanien die Bühne für die Dramen bilden.